Köln. . Beamte und Angestellte der Länder fordern 6,5 Prozent mehr Lohn. Wer soll das bezahlen? Schon jetzt gibt es Unterschiede zwischen armen und reichen Bundesländern. Womöglich legen nun auch verbeamtete Lehrer ihre Arbeit nieder. Am generellen Streikverbot für Beamte soll aber nicht gerüttelt werden.

Im Frühjahr droht ein schwerer Tarifkonflikt um einen hochprozentigen Gehaltsschub in Schulen, Universitäten, Straßenmeistereien und auf Polizeiwachen. Klaus Dauderstädt, der neue Chef des Deutschen Beamtenbundes, kündigte den Ländern am Rand der Jahrestagung seines Verbandes in Köln eine „unangenehme Runde“ an, wenn sie auf die 6,5-Prozent-Forderung der Gewerkschaften nicht eingehen.

Die unter dem Dach von Verdi und Beamtenbund zusammengeschlossenen Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes wollen erreichen, dass Landesbedienstete in Zukunft genau so gutes Geld verdienen wie Beamte und Angestellte beim Bund und in den Kommunen. Für diese waren im letzten Jahr Entgelterhöhungen von insgesamt 6,3 Prozent vereinbart worden.

Innenminister will Mitarbeiter nicht als "Kostenfaktor mit zwei Ohren" betrachten

Die Arbeitgeberseite spricht von einer „absurden Forderung“, die die Länder mit zusätzlichen Ausgaben von bundesweit 6,5 Milliarden Euro belasten und sie zwingen würden, weiteres Personal im öffentlichen Dienst abzubauen.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) hat sich in Köln mit allzu kämpferischer Wortwahl zurückgehalten. Mitarbeiter im öffentlichen Dienst dürften „nicht nur als Kostenfaktor mit zwei Ohren“ gesehen werden, sagte er. Es werde zwar „viel Kreativität“ nötig sein, um den Ausgleich zwischen den Interessen der klammen Länder und der Beschäftigten herzustellen. Er deutete aber an, dass das über höhere Steuern gelingen könnte: „Die Länder nehmen zu wenig ein.“ Mehr Einnahmen für Landeskassen will er durch Belastung „der Wohlhabenden“ erzielen.

Auch verbeamtete Lehrer könnten streiken

Alleine in Nordrhein-Westfalen sind 441.000 Beamte und Angestellte von den Verhandlungen betroffen, die am 30. Januar beginnen. Was die anstehende Tarifrunde in 15 der 16 Bundesländer so brisant macht: Es gibt kein Schlichtungsabkommen. Dauderstädt warnte: „Wir stehen zwangsläufig schnell vor Scheitern, Urabstimmung und Arbeitskampf.“

Nicht ganz ausgeschlossen ist es, dass dann vereinzelt sogar beamtete Lehrer in den Streik treten und Unterricht in den Schulen ausfällt. Denn anders als der Beamtenbund unterstützt Verdi die Haltung, dass Beamte im „nicht hoheitlichen Bereich“, etwa in den Schulen, die Arbeit niederlegen können.

Beamte wollen keine Zwei-Klassen-Gesellschaft

Mehrere untere Gerichtsinstanzen haben entschieden, dass solche Streikteilnehmer nicht bestraft werden dürfen. Beim Bundesverfassungsgericht liegt eine Klage vor, die noch in diesem Jahr zum klärenden Urteil führen soll. Allerdings: Wie Jäger hält auch Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) nichts von einer Lockerung des Streikverbots. „Verheerend“ wäre das, sagt der Bundesminister in Köln. Dann stünde das ganze Beamtenrecht auf der Kippe, dessen Verlässlichkeit Deutschland einen Wettbewerbsvorteil verschaffe.

Die zentrale Botschaft der bundesweit 2,4 Millionen Beamten neben der Forderung nach mehr Geld: „Wir wollen keine Zwei-Klassen-Gesellschaft.“ Tatsächlich driften die Gehälter im öffentlichen Dienst auf fast allen Ebenen auseinander, seit es für Kommunen und Länder getrennte Tarifverhandlungen gibt. Außerdem macht die Föderalismusreform von 2006 unterschiedliche Bezahlungen in den Ländern möglich – was dazu führe, dass Länder „in Kannibalenmanier Pädagogen abwerben“, behauptet der Beamtenbund.

Befristete Verträge als Streitpunkt

Beispiel: Beamteter Steuerinspektor, verheiratet, Berufsanfänger: Rund 200 Euro mehr erhält er in Bayern als in Berlin. In Dresden hat ein Mathematik-Lehrer bis zu 1000 Euro weniger in der Tasche als in München. Und ist die Krankenschwester mit mindestens zehn Dienstjahren in einer Landesklinik beschäftigt, bekommt sie 2760,76 Euro. Arbeitet sie dagegen in einem städtischen Krankenhaus, hat sie heute 2822,45 Euro, ab August 2861,96 Euro.

Auch der Bundesinnenminister hat sich deshalb dafür ausgesprochen, die Tarifrunden wieder zusammen zu legen. Friedrich kam in Köln den Beamten in einem weiteren Punkt entgegen. Die hatten kritisiert, dass mehr als 60 Prozent der Neueinstellungen im Staatsdienst auf der Basis von Zeitverträgen erfolgen. Auch Friedrich sieht das kritisch: „Schon 6,7 Prozent der Arbeitsverhältnisse im öffentlichen Dienst waren 2012 Zeitarbeitsverhältnisse. Es gibt Grenzen. Das darf nicht weiter steigen.“