Entwicklungsminister Niebel warnt vor Diktatur in Ägypten
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Kairo. Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) sieht Ägypten auf den Weg in eine Diktatur gewarnt. Es bestehe die Gefahr, dass unter Präsident Mursi und der Muslimbruderschaft das autoritäre System Mubaraks wieder auflebe. Der Schuldenerlass für Ägypten soll deshalb verschoben werden.
Nach der ersten Runde des Verfassungsreferendums in Ägypten hat die Opposition zu erneuten Protesten aufgerufen. Die Nationale Heilsfront appellierte am Sonntagabend an die Ägypter, am Dienstag auf die Straße zu gehen, um "ihre Freiheit zu verteidigen, Fälschungen entgegenzutreten und den Verfassungsentwurf zurückzuweisen". Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) warnte vor einem Abgleiten Ägyptens in eine neue Diktatur.
Die Nationale Heilsfront, in der sich die wichtigsten liberalen und säkularen Oppositionsparteien des Landes zusammengeschlossen haben, erklärte, sie werde nur das offizielle Ergebnis akzeptieren. Der politische Arm der Muslimbrüder, die Partei für Freiheit und Gerechtigkeit von Präsident Mohammed Mursi, hatte zuvor mitgeteilt, vorläufigen Ergebnissen zufolge hätten 56,6 Prozent der Wähler am Samstag für den Verfassungsentwurf gestimmt.
Offizielles Ergebnis werde erst am Samstag herausgegeben
Eine der größten Gruppen innerhalb der Nationalen Heilsfront, die Ägyptische Volksströmung, lieferte ähnliche Zahlen. Die Wahlkommission ihrerseits lehnte es ab, zu den Zahlen Stellung zu nehmen. Das Kommissionsmitglied Mohammed al-Tanbuli sagte, das offizielle Ergebnis werde erst nach der zweiten Runde am kommenden Samstag bekanntgegeben, um keine Verwirrung zu stiften und um mögliche Beschwerden abzuwarten.
Proteste in Kairo halten an
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Den vorläufigen Ergebnissen zufolge lehnten in der Hauptstadt Kairo 57 Prozent der Wähler den Text ab, während in der zweitgrößten Stadt Alexandria eine Mehrheit den Entwurf befürwortete. Am Samstag waren zunächst die Einwohner von zehn Provinzen zur Abstimmung aufgerufen. Kommenden Samstag sollen die anderen 17 Provinzen abstimmen. Insgesamt sind 51,3 Millionen Ägypter stimmberechtigt. Zahlen zur Beteiligung lagen zunächst nicht vor.
Nicht-Regierungsorganisationen sprechen bei Wahl von Unregelmäßigkeiten
Die Nationale Heilsfront kritisierte zahlreiche Unregelmäßigkeiten. Insbesondere warf sie der Muslimbruderschaft vor, in den Wahllokalen für den Verfassungsentwurf geworben und Lebensmittel an die Wähler verteilt zu haben. Ein Bündnis von mehreren Nicht-Regierungsorganisationen sprach ebenfalls von Unregelmäßigkeiten.
Die Befürworter des Verfassungsentwurfs erhoffen sich Stabilität nach der unruhigen Übergangsphase nach dem Sturz des langjährigen Machthabers Husni Mubarak im Februar 2011. Die liberale und säkulare Opposition dagegen fürchtet, dass die oft unscharfen Formulierungen des Verfassungsentwurfs nicht die Bürgerrechte garantieren. Zudem fürchten sie, dass der Text der weiteren Islamisierung des Landes den Weg ebnet.
Mursi sei der erste demokratisch gewählte Präsident Ägyptens
Niebel warnte in einem Interview mit der "Berliner Zeitung", es bestehe die Gefahr, dass unter Mursi und der Muslimbruderschaft das autoritäre System Mubaraks wieder auflebe. Die für Mitte Dezember geplanten Verhandlungen über die Entwicklungskooperation habe er abgesagt, sagte Niebel. Auch der geplante teilweise Schuldenerlass von bis zu 240 Millionen Euro werde zunächst verschoben, kündigte der Minister an.
Außenamtssprecher Andreas Peschke betonte am Montag, Mursi sei der erste demokratisch gewählte Präsident Ägyptens überhaupt. Allerdings habe Außenminister Guido Westerwelle (FDP) bei direkten Gespräche mit ihm auch seine Sorge vor Entwicklungen geäußert, die nicht in Richtung Demokratie und Rechtsstaatlichkeit führen. Alle sozialen und religiösen Gruppen Ägyptens müssten sich unter der neuen Verfassung respektiert fühlen, betonte Peschke. (afp)
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