Brüssel.
Die Staats- und Regierungschefs der EU haben Entscheidungen über eine Reform der Eurozone zunächst auf Mitte kommenden Jahres verschoben. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy erklärte am frühen Freitagmorgen in Brüssel, er werde bis zum EU-Gipfel im Juni 2013 Vorschläge ausarbeiten. Weitreichende Ideen wie die Einführung eines gesonderten Eurozonenbudgets zur Abmilderung wirtschaftlicher Schocks gehören jedoch nicht dazu.
Van Rompuy erhielt den Auftrag, gemeinsam mit EU-Kommissionchef José Manuel Barroso "nach Absprache" mit den Mitgliedstaaten "mögliche Maßnahmen" zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung in der Eurozone vorzubereiten. Vorliegen sollen die Pläne auf dem EU-Gipfel im Juni.
Koordination wirtschaftlicher Entscheidungen in Euro-Ländern
Dazu gehören Absprachen und Koordination wichtiger wirtschaftspolitischer Entscheidungen unter den Mitgliedstaaten, individuelle vertragliche Vereinbarungen zwischen nationalen Regierungen und der EU-Kommission über die Umsetzung von Reformen sowie ein begrenzter Solidaritätsfonds, um angeschlagene Euro-Länder bei der Umsetzung solcher Reformen zu unterstützen.
Bei diesem Fonds gehe es um "ein sehr begrenztes Budget, nicht im dreistelligen Milliardenbereich, sondern eher bei zehn, 15 oder 20 Milliarden", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Die vertraglichen Vereinbarungen sollten dazu dienen, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu fördern, und keine Instrumente zur Disziplinierung sein, sagte der französische Staatschef François Hollande.
Deutscher Regierung gingen Vorschläge zu weit
Van Rompuy und Barroso hatten vor dem Gipfel einen Reformplan entworfen, der weitgehende Ideen wie etwa ein gesondertes Budget der Eurozone zur Abfederung wirtschaftlicher Schocks in einzelnen Ländern sowie einen konkreten Zeitplan für die kommenden Jahre enthielt. Diese Vorschläge waren auf Betreiben einiger Mitgliedstaaten aber schon im vorhinein weitgehend entschärft worden. "Keine Tür ist geschlossen", sagte Barroso. Aber die Mitgliedstaaten hätten entschieden, nur "die nächsten Schritte" zu prüfen.
Besonders Deutschland gingen die Ideen der EU-Spitzen zu weit - sie wurden in Berliner Regierungskreisen offenbar als nicht abgesprochenes Vorpreschen empfunden und als "völlig unausgegoren" kritisiert. Merkel mahnte Van Rompuy und Barroso nun, den Staats- und Regierungschefs sei es "wichtig, dass die Mitgliedstaaten in die detaillierte Diskussion mit einbezogen sind".
Die EU-Spitzen waren im Sommer damit beauftragt worden einen Reformplan zu entwerfen, um die europäische Wirtschafts- und Währungsunion krisenfest zu machen. Mit Beschlüssen wurde ursprünglich beim jetzigen Gipfel gerechnet. In deutschen Regierungskreisen wurde als Grund für die Verzögerung genannt, dass sich die Eurozone zuletzt intensiv mit der Griechenland-Krise und den Verhandlungen über den Aufbau einer europäischen Bankenaufsicht habe beschäftigen müssen.
Dem Gipfelbeschluss zufolge soll die am Donnerstag von den EU-Finanzministern beschlossene zentrale europäische Bankenaufsicht durch einen gemeinsamen Abwicklungsmechanismus für Krisenbanken ergänzt werden. Diese Abwicklungsmechanismen dürften nicht auf Kosten des Steuerzahlers gehen, sagte Merkel. Vielmehr sollten diejenigen, die für die Fehlentwicklungen bei Banken verantwortlich seien, auch die Lasten tragen. Geplant ist demnach auch, bis Mitte des kommenden Jahres die Regeln für die direkte Rekapitalisierung von Banken durch den Euro-Rettungsfonds ESM festzulegen. (afp)