Brüssel. . Seit bald einem Jahr ist der wegen seiner Plagiats-Affäre zurückgetretene früheren Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg nun Berater der EU-Kommmission. Der CSU-Politiker hat sich bisher in seiner Funktion nicht viel in Brüssel gezeigt. Muss er auch nicht, meinen einige.

Karl-Theodor zu Guttenberg regt immer noch auf. Doch während sich die politische Konkurrenz früher durch die glamourösen Auftritte des CSU-Ministers in Berlin oder New York provoziert fühlte, irritiert Guttenberg nun eher durch seine Abwesenheit in der Öffentlichkeit. Am kommenden Mittwoch ist es ein Jahr her, dass der frühere Verteidigungsminister sein Amt als Berater der EU-Kommission in Brüssel antrat - doch was Guttenberg in dieser Funktion eigentlich macht, bleibt bisher eher im Dunkeln.

Am 12. Dezember 2011 schien es noch einmal, als kehrte der über die Affäre um seine Doktorarbeit gestolperte Senkrechtstarter wieder auf die große Politbühne zurück. Eine eigene Pressekonferenz im Mediensaal der Brüsseler Kommission - so einen Auftritt bekommt fast keiner der zahlreichen EU-Berater. "Seine" Kommissarin, die für das Internet zuständige Niederländerin Neelie Kroes, stellte den inzwischen in die USA umgesiedelten Guttenberg als guten Bekannten und fähigen Fürsprecher für die Freiheit im Internet vor.

Initiative will Aktivisten für Demokratie und Menschenrechte helfen

"Dies ist kein politisches Comeback", versicherte Guttenberg damals. Vielmehr wolle er sich für die Strategie der Kommission engagieren, die das Internet als Waffe gegen Diktatoren ausgemacht hat. Die Initiative sieht etwa vor, Aktivisten für Demokratie und Menschenrechte helfen, über das Netz zu kommunizieren, ohne dass Geheimdienste sie dabei aufspüren. Das "geht voll in die richtige Richtung", findet der Deutschland-Chef von Human Rights Watch, Wenzel Michalski, und meint dabei die die Strategie an sich.

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Guttenbergs Rolle dabei: Für das Konzept werben, Kontakte knüpfen, beraten. "Der Sache tut es dann gut, wenn man mit Inhalten überzeugen kann", sagte er bei seiner Vorstellung ernst, als er ohne Brille und Gel im Haar auftrat, zwei Merkmale, die ihn früher optisch kennzeichneten. Daneben ist Guttenberg auch ehrenamtlich in einer Denkfabrik in den USA tätig - dort wies er im November noch einmal Spekulationen um eine Rückkehr in die Bundespolitik zurück.

Guttenberg sei in dem einen Jahr "in akademischen, politischen und Verteidigungskreisen" im Einsatz gewesen und habe mehrmals an Kroes berichtet, sagt der Sprecher von Kommissarin Kroes heute. "Man muss alle zum miteinander Reden bringen." Und mit welchem Erfolg? "Ich glaube nicht, dass man eine Person als die Quelle von Erfolgen ausmachen kann", sagt der Sprecher. Aus einer anderen Abteilung der Kommission heißt es: "Es liegt in der Natur der Sache", dass eine Arbeit wie die von Guttenberg für die Medien kaum wahrnehmbar sei.

Mal wieder viel heiße Luft?

Das lässt auch der Grünen-Europaabgeordnete Jan-Philipp Albrecht gelten, selbst Experte für Internet und Menschenrechte. Aber: "Ich finde es seltsam, dass jemand so öffentlichkeitswirksam eingestellt wird, und dann nichts mehr von sich hören lässt." Albrecht ärgert es, dass Kroes mit der Personalie ihr eigentlich wichtiges Anliegen in den Hintergrund gerückt habe. Auch Alexander Alvaro von der FDP hat von Guttenbergs Arbeit nichts mitbekommen - nur dass sie nicht vom Steuerzahler bezahlt werde. Das sei "das einzig Positive" an dem Vorgang, meint der Liberale.

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Und wie steht es mit den eigenen Parteifreunden in Brüssel? In der CDU/CSU-Gruppe des Europaparlaments herrscht eine gewisse "Hochachtung" für die CSU-Prominenz im Dienste der Kommission. Wie der Mann, der früher in Bayern und Berlin Schlagzeilen machte, nun die schwierige Kärrnerarbeit für Europa erledige, davon sind die Parteifreunde "schwer beeindruckt", heißt es. Allerdings ist mit dem Lob Edmund Stoiber gemeint. Der frühere bayerische Ministerpräsident berät die EU-Kommission seit Jahren zur Entbürokratisierung. Zu Guttenberg möchte sich bei der Union in Brüssel niemand äußern. (afp)