München. Mit der umjubelten Nominierung des Münchner Oberbürgermeisters Christian Ude zum SPD-Spitzenkandidaten ist das Rennen zur bayrischen Landtagswahl eröffnet worden. Ministerpräsident Seehofer will seine Nachfolge selbst regeln - um den CSU-üblichen Putsch zu vermeiden. Dabei setzt er offenbar auch auf einen bereits Gestürzten.

Ein 63-Jähriger gibt das Startsignal für das Rennen um seine Nachfolge - ein fast 65-Jähriger stilisiert sich als Zukunftshoffnung: Gegensätzlicher kann es nicht sein, was am Wochenende bei der CSU und der bayerischen SPD passierte. Hier Horst Seehofer, der seinen Rückzug aus der Politik für 2018 ankündigte - aber nicht aus Schwäche, sondern im Moment der größten Stärke. Dort der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude, der mit 99,7 Prozent Zustimmung zum SPD-Spitzenkandidaten der Landtagswahl gewählt wurde und trotz miserabler Umfragen großen Optimismus verbreitete.

Erst in knapp einem Jahr wählen die Bayern, doch schon jetzt ist der Wahlkampf in vollem Gange. Er soll so intensiv wie nie werden - Bayerns SPD-Chef Florian Pronold stimmte die Genossen auf einen "Höllenritt" ein. Bei 20 Prozent dümpeln die bayerischen Sozialdemokraten in den Umfragen, nur wenig mehr als die 18,6 Prozent der Landtagswahl 2008. Und dennoch war bei der Ude-Nominierung von Trübsal nichts zu spüren.

Die Kehrtwende als "typische Fortbewegungsart der CSU"

U für "Urbayerisch", D für "Durchsetzungsstark", E für "Ehrlich" - so stellte die Parteitagsregie Ude am Sonntag mit Filmen den Genossen in Nürnberg vor. Die 300 Delegierten feierten diesen überschwänglich. Bei ihm im Ortsverband werde Ude "wie ein Messias" gesehen, sagte ein SPD-Bürgermeister nach Udes Bewerbungsrede.

In dieser versuchte Ude den Spagat aus Attacke und eigenen inhaltlichen Akzenten. Seehofer warf er vor, die CSU ständige Kurswechsel vollziehen zu lassen. "Die Kehrtwende ist zu ihrer typischen Fortbewegungsart geworden", ätzte Ude. Die Genossen forderte er auf, im Wahlkampf die "haltlosen Versprechungen" von Union und FDP zu benennen.

Im Bund seien Union und FDP 2009 nur an die Regierung gekommen, weil sie das falsche Versprechen von Steuersenkungen abgegeben haben. In Bayern wolle Seehofer mit dem falschen Versprechen des bis zum Jahr 2030 schuldenfreien Haushalts gewählt werden. "Ich verspreche nur Verbesserungen, die wir auch tatsächlich realisieren können", sagte Ude und bekam den größten Jubel seiner Rede. Als erste Amtshandlung nach seiner Wahl werde er die Studiengebühren in Bayern wieder abschaffen, kündigte er an.

Seehofer will den eigenen Nachfolger aufbauen

Der CSU-Chef Seehofer wiederum fühlt sich im Moment so stark, dass er sogar seine Nachfolge selbst regeln will - in einer "bayerischen Welturaufführung", wie er sagt. Denn bisher stürzte die CSU stets ihre Ministerpräsidenten. Seehofer will nun einen organischen Übergang schaffen, wie er es nennt. Im Jahr 2018 will er zwar noch Ministerpräsident sein - doch soll dann schon der- oder diejenige bekannt sein, mit dem die CSU in den Landtagswahlkampf zieht.

Helfen könnte Seehofer bei seinem Ziel, nicht vorher gestürzt zu werden, dass sich die Konkurrenten wegen ihrer großen Zahl gegenseitig ausbremsen. Seehofer nannte am Samstag vier Kandidaten namentlich plus einen ungenannten Joker. Auf der nun quasi offiziellen Liste darf sich die nächstes Jahr aus der Bundes- in die Landespolitik zurückkehrende Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner derzeit in der Favoritenrolle sehen.

Außerdem stehen auf der Liste des CSU-Chefs der bayerische Finanzminister Markus Söder, Sozialministerin Christine Haderthauer und Innenminister Joachim Herrmann. Vier gestandene Politiker, die nun quasi offiziell von Seehofer den Auftrag haben, sich für seine Nachfolge zu empfehlen. Ein geschickter Schachzug des CSU-Chefs und wohl auch eine Lehre aus dem Sturz Stoibers. Der hatte die Nachfolgefrage schlicht brach liegen lassen.

"Maßgebliche Aufgabe" für Guttenberg

Anders als Stoiber spielt Seehofer nun also mit offenen Karten - aber auch das nicht komplett. Denn Seehofer brachte auch noch einen mysteriösen "Joker" ins Spiel, der 2018 als fünfter Kandidat auftauchen könnte. Könnte dies etwa der seit Monaten abgetauchte Karl-Theodor zu Guttenberg sein? Nachdem vom ehemals beliebtesten deutschen Politiker lange nichts mehr zu hören war, kündigte Seehofer nun an, sich nach der Wahl um dessen Rückkehr in die Politik zu bemühen. Eine "maßgebliche" Aufgabe will der CSU-Chef für Guttenberg. Konkretisiert hat Seehofer dies nicht - und ließ damit viel Raum für Spekulationen. (afp)