Berlin. Ein zentrales Register für V-Leute und bessere Werkzeuge zur Recherche - diese zentralen Punkte sollen den Verfassungsschutz modernisieren. Die bisherige Reform sei zu zaghaft, kritisiert Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Sie verlangt Anstrengungen von Bund und Ländern.

Die Innenminister von Bund und Ländern wollen den Verfassungsschutz moderner und transparenter machen. Unter anderem solle das Internet als "Aufklärungs- und Präventionsmedium" stärker genutzt werden. Das berichtet die Zeitung "Die Welt". Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) kritisierte die bisherige Verfassungsschutzreform nach der NSU-Mordserie als "äußerst zaghaft".

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat angekündigt, dass die Neuregelungen bereits zum 31. Dezember in Kraft treten sollen. Für Bund und Länder werde es klare Regelungen geben, Informationen auszutauschen, sagte Friedrich am Freitag zum Abschluss der Innenministerkonferenz in Rostock-Warnemünde. Geplant ist auch eine zentrale Datenbank für "extremistische Internetauftritte".

Verfassungsschutz soll ein Register für V-Leute einrichten

Kernpunkte sind die Einrichtung eines zentralen V-Leute-Registers beim Bundesamt für Verfassungsschutz und einheitliche Standards für deren Führung. Bei den V-Leuten soll es künftig eine Probezeit "von mindestens sechs Monaten" geben, ihre Führer sollen jeweils nach fünf Jahren wechseln. Honorare des Staates sollten künftig "objektiv nachvollziehbar und dokumentiert" sein. "Geld- und Sachzuwendungen und sonstige Leistungen" dürften nur erfolgsabhängig gezahlt werden.

Die neue zentrale V-Leute-Datei soll keine "Klarnamen" enthalten, um die Zuträger nicht zu gefährden. Gespeichert werden sollen der Deckname, Charaktermerkmale, Herkunft, Besonderheiten, Kontakte zu Gruppierungen und Personen.

Minister wollen Anti-Terror-Datei für Recherche nutzen

Die Minister wollen dem Bericht zufolge auch das Gesetz für die Anti-Terror-Datei ändern. Denn bisher sei eine "Zusammenführung personenbezogener Daten, die von verschiedenen Stellen eingepflegt werden, nicht möglich", heißt es in der Vorlage. Die Datei müsse analyse- und recherchefähig gemacht werden.

Gleichzeitig ist vorgesehen, das Nachrichtendienstliche Informationssystem "Nadis WN" als Volltextdatei für alle Aufgaben des Verfassungsschutzes zu nutzen. Hierfür sollen die Speicherfristen von bisher zehn auf 15 Jahre verlängert werden.

Bundesjustizministerin fordert effektivere Strukturen im Verfassungsschutz

Der Verfassungsschutz soll in Zukunft überdies von den Polizeibehörden und Staatsanwaltschaften systematisch Daten zu Rechtsextremisten erhalten, die flüchtig sind oder per Haftbefehl gesucht werden. "Das Bundeskriminalamt wird gebeten, mit den Landeskriminalämtern eine Handhabung zu erarbeiten", heißt es weiter in dem Papier.

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Leutheusser-Schnarrenberger sagte der "Welt", notwendig seien "effektivere Strukturen". Dazu müssten die Verfassungsschutzämter der Länder zusammengelegt werden, der Militärische Abschirmdienst sollte aufgelöst werden. Außerdem solle nach dem Vorbild der Staatsministerin für Integration ein Staatsminister für Extremismusprävention im Bundeskanzleramt eingerichtet werden.

Bund und Länder sollen rechten Aussteigern gemeinsam helfen

Um möglichst viele Menschen aus ihrem rechtsextremen Umfeld herauszubrechen, sollte ein gemeinsames Exit-Programm von Bund und Ländern geschaffen werden, fügte die Ministerin hinzu. Das Programm könne beispielsweise vom Bundeskriminalamt koordiniert werden.

Im aktuellen ARD-DeutschlandTrend sprechen sich indes knapp drei Viertel der Deutschen für ein Verbot der rechtsextremen NPD aus. Laut der am Donnerstag veröffentlichten repräsentativen Umfrage für die ARD-"Tagesthemen" sind 73 Prozent der Meinung, die NPD sollte verboten werden. 22 Prozent sind gegen ein Verbot. (afp/dapd)