Berlin. . Der Armutsbericht der Bundesregierung wurde auf Druck der FDP an vielen Stellen geschönt, reihenweise sind kritische Passagen zur größer werdenden Kluft von Arm und Reich entfallen oder entschärft worden. Sozialverbände und Opposition reagieren empört.
Dieser Satz in einem Regierungsdokument hatte viel Aufsehen erregt: „Die Privatvermögen in Deutschland sind sehr ungleich verteilt“, stand im Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung. Jedenfalls in einem ersten Entwurf des Arbeitsministeriums. Doch jetzt will die Regierung vom kritischen Befund zur Vermögensverteilung nichts mehr wissen: In einer neuen Fassung des Berichts vom 21. November, der unserer Zeitung vorliegt, ist der Satz einfach gestrichen.
Und nicht nur dieser: Der Armutsbericht wurde auf Druck der FDP an vielen Stellen geschönt, reihenweise sind kritische Passagen zur größer werdenden Kluft von Arm und Reich entfallen oder entschärft worden. Sozialverbände und Opposition reagieren empört: Von „Vertuschung der ungerechten Verteilung“ spricht die SPD, von Beschönigung der sozialen Lage der DGB.
Auch interessant
Uwe Becker, Vorstand der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe, wetterte in der Süddeutschen Zeitung: „Die Kluft zwischen Arm und Reich in Deutschland wird immer breiter. Ich halte es für skandalös, wenn diese Regierung nicht zu dieser Wahrheit stehen kann.“
Döring twittert: „Leistung statt Neid“
Regierungssprecher Steffen Seibert sieht in den Änderungen dagegen einen „ganz normalen Vorgang“. Herausgekommen sei nun ein realistischer und problembewusster Bericht, meinte Seibert. Seltsam nur, dass viele Probleme einfach verschwunden sein sollen: Der Hinweis etwa auf vier Millionen Arbeitnehmer mit Stundenlöhnen unter sieben Euro. Oder diese Passage: „Während die Lohnentwicklung im oberen Bereich positiv steigend war, sind die unteren Löhne in den vergangenen zehn Jahren preisbereinigt gesunken. Die Einkommensspreizung hat zugenommen“, hieß es ursprünglich.
Offensichtlich wurden die Änderungen auf Druck des FDP-geführten Wirtschaftsministeriums vorgenommen. FDP-Generalsekretär Patrick Döring bekannte sich via Twitter zu Eingriffen der Liberalen: Es sei „Verdienst der FDP“, dass die Regierung im Armutsbericht nun keine Belastung von Vermögen vorschlage. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen lässt erklären, auch die neue Berichtsfassung sei nicht die endgültige – entschieden werde erst Anfang 2013. Aber für die FDP ist klar, welche Botschaft der Armutsbericht haben muss: „Leistung statt Neid!“ twitterte Döring.