Kairo. Die ägyptische Opposition demonstriert weiter gegen die erweiterten Befugnisse von Präsident Mohammed Mursi. Sie fürchten einen islamistischen Staat. Oppositionelle auf dem Tahrirplatz in Kairo kündigten an, so lange dort zu verharren, bis das Dekret aufgehoben sei.

In Ägypten haben die Gegner des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi auch nach Zugeständnissen im Streit um dessen Machtfülle ihre Proteste fortgesetzt. Am Dienstagvormittag versammelten sich Hunderte Demonstranten auf dem zentralen Tahir-Platz, wo Gegner Mursis bereits die ganze Nacht über ausgeharrt hatten.

Für den Nachmittag wurde mit einem großen Zustrom weiterer Demonstranten zu der Kundgebung gerechnet, zu der liberale, linke und sozialistische Gruppen aufgerufen hatten. Sie werfen Mursi diktatorisches Verhalten vor. Auslöser der Proteste war ein Dekret Mursis, in dem dieser unter anderem sich selbst Immunität verliehen hat. Nach ersten Protesten hatte ein Sprecher Mursis erklärt, die Immunität bezöge sich nur auf Fragen der Souveränität des Präsidentenamtes.

Die Proteste gingen damit in den fünften Tag in Folge. An der Resonanz wird sich ablesen lassen, wie groß die Unterstützung der Mursi-Gegner ist. Eine erste direkte Machtprobe zwischen beiden Lagern konnte am Dienstag vermieden werden. Die Moslembruderschaft und andere streng religiös ausgerichteten Gruppen sagten Demonstrationen zur Unterstützung Mursis ab.

Ägypter fürchten einen islamistischen Staat

Der Tahir-Platz in der Kairoer Innenstadt ist von hoher symbolischer Bedeutung. Hier nahmen die Proteste ihren Anfang, die zum Sturz des autokratisch regierenden früheren Präsidenten Husni Mubarak und zur Wahl des Moslembruders Mursi zu seinem Nachfolger geführt hatten.

Eine von den Moslembrüdern und anderen orthodox islamisch ausgerichteten Gruppen dominierte verfassungsgebende Versammlung soll nun die Grundlagen des neuen ägyptischen Staatswesens ausarbeiten. Weltlich ausgerichtete Ägypter fürchten, dass die Weichen für einen islamistischen Staat gestellt werden könnten und sehen in dem Vorgehen Mursis erste Belege dafür.

"Wir wollen nicht wieder eine Diktatur haben"

"Wir wollen nicht wieder eine Diktatur haben. Das Mubarak-Regime war eine Diktatur. Wir habe die Revolution für Gerechtigkeit und Freiheit gemacht", sagte der 32 Jahre alte Ahmed Husseini am Dienstagmorgen auf dem Tahir-Platz. Seit Freitag übernachten Gegner auf dem Rondell und blockieren den Verkehr.

Seitdem ist es immer wieder zu Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen. Die Opponenten wollen erst abziehen, wenn Mursi die Dekrete zu seiner Machtausdehnung zurückgenommen hat.

Mursi hatte in der vergangenen Woche unter anderem per Dekret den Weg dafür geebnet, dass Prozesse gegen den bereits verurteilten Mubarak und dessen Getreue wieder aufgerollt werden können. Er hatte zudem seine Anordnungen bis zur nächsten Parlamentswahl vor Gericht unanfechtbar gemacht und der von Islamisten dominierten verfassungsgebenden Versammlung juristische Immunität verliehen. (rtr)