Potsdam. Der frühere Grünen-Schatzmeister, Christian Goetjes, soll einen Escort-Service betreiben. Sollte sich der Verdacht bestätigen, muss er das veruntreute Geld komplett zurückzahlen. Die Grünen hatten sich mit Goetjes außergerichtlich geeinigt, dass er nur 65.000 Euro zurückzuzahlen braucht.
Gegen den wegen Veruntreuung von Parteigeldern angeklagten Ex-Schatzmeister der Brandenburger Grünen, Christian Goetjes, sind neue Vorwürfe erhoben worden. Nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft soll der 34-Jährige in Berlin einen Escort-Service mit mehreren bulgarischen Prostituierten betreiben. "Es gibt Anhaltspunkte, dass der Angeklagte Huren für Haus- und Hotelbesuche vermittelt", sagte Richter Jörg Tiemann zu Beginn des zweiten Verhandlungstages am Donnerstag am Potsdamer Landgericht.
Goetjes ist angeklagt, zwischen Januar 2010 und Februar 2011 in seiner damaligen Funktion als Grünen-Schatzmeister in 267 Fällen insgesamt 274.000 Euro veruntreut zu haben. Goetjes hatte zu Prozessbeginn zugegeben, sich systematisch an Parteikonten bedient zu haben. Nach eigener Aussage will er das Geld für Prostituierte ausgegeben haben, um diese aus vermeintlichen Notlagen zu helfen. So habe er einer der Frauen 20.000 Euro für einen Drogenentzug bezahlt. Einer bulgarischen Prostituierten habe er rund 200.000 Euro gegeben, damit die Frau vermeintliche Schulden bezahlen könne.
Goetjes soll Prostituierte selbst zu den Freiern chauffiert haben
Goetjes hatte sich sowohl gegenüber dem Gericht als auch den Grünen als mittellos bezeichnet und geäußert, von Hartz IV zu leben. Vor diesem Hintergrund hatte sich der Grünen-Landesvorstand mit Goetjes außergerichtlich auf eine Rückzahlung von lediglich 65.000 Euro verständigt. Auf ihrer Website teilt die Brandenburger Partei nun mit, dass sie Anspruch auf die volle Summe erhebt, sollte sich herausstellen, dass Goetjes nicht mittellos ist.
Auch interessant
Dem Potsdamer Landgericht liegen laut Tiemann Anhaltspunkte der Staatsanwaltschaft vor, wonach Goetjes als Zuhälter bulgarische Prostituierte vermitteln und für das Geschäft mit zwei Internetadressen in eindeutiger Milieusprache werben soll. Nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft soll der Beschuldigte die Frauen selbst zu den Freiern chauffieren. "Er soll die Höhe des Dirnenlohns festlegen und sich die Hälfte auszahlen", sagte Tiemann am Donnerstag mit Bezug auf die Erkenntnisse der Ermittlungsbehörde.
Vorwürfe gehen auf Anzeige einer Bulgarin zurück
Goetjes soll sogar noch während oder nach der Hauptverhandlung in der vergangenen Woche Prostituierte an Freier vermittelt haben, sagte der Richter. Eine dafür verwendete Telefonnummer soll auf den Namen seiner Mutter angemeldet sein.
Nach Angaben eines Sprechers der Staatsanwaltschaft gehen die Vorwürfe auf eine Anzeige einer Bulgarin bei der Berliner Polizei zurück. Die Frau habe Goetjes in der vergangenen Woche angezeigt, weil er ihr nachgestellt haben soll. Sie soll laut Staatsanwaltschaft zu dem von Goetjes betrieben Escort-Service gehören.
Aufgrund der neuen Erkenntnisse wurde die Verhandlung unterbrochen. Der Prozess wird sich um mindestens zwei Verhandlungstage verlängern. Die für Donnerstag als Zeugen geladenen Grünen-Parteivorsitzenden Annalena Baerbock und Benjamin Raschke sollen nun am 26. November angehört werden. Einen Tag später ist eine bulgarische Zeugin geladen, die offenbar zum Escort-Service gehört.
Die erhobenen Vorwürfe haben zur Folge, dass die Auflagen zur Verschonung vor Untersuchungshaft verschärft wurden. Goetjes ist jeglicher Kontakt zu der geladenen bulgarischen Zeugin untersagt worden. Bei Verstoß würde er wieder in U-Haft kommen. (dapd)