Washington. . Die Affäre zwischen Ex-CIA-Chef David Petraeus und seiner schönen Biographin begann sportlich. Vielleicht wäre sie unentdeckt geblieben, wenn die extrem ehrgeizige Paula Broadwell ihre Eifersucht unter Kontrolle gebracht hätte.

David Petraeus gehört zu den Zeitgenossen, die sich die Welt erlaufen und Ausdauer für eine Charakterfrage halten. Bei seiner Visite in Berlin 2010 ließ der damalige Vier-Sterne-General Journalisten teilhaben, als er früh morgens schwer bewacht durchs Regierungsviertel joggte. Respekt. Petraeus läuft für sein Alter (damals 58) verdammt schnell: die Meile in sechs Minuten. Wer mithält, bekommt einen Platz auf seinem Radarschirm. Wem die Puste ausgeht – gesehen und vergessen.

Paula Broadwell läuft mindestens so schnell, wenn nicht schneller. Und sieht dabei umwerfend aus. Die 40-Jährige, durchtrainiert bis in die Haarspitzen, kann sogar beiläufig Interviews führen. Ohne außer Atem zu geraten.

Fitness-Fanatiker wie Petraeus beeindruckt sowas. Und so gewann über Monate eine delikate Laufgemeinschaft immer schärfere Konturen. „Das war die Basis unserer Beziehung“, sagt Broadwell. Am Ende stand ein penetrant anhimmelndes Buch über David Petraeus, der irgendwann im letzten Winter 37 Jahre Ehe mit seiner Frau Holly anderen Bedürfnissen unterordnete und mit Broadwell nicht nur beim Laufen Schweiß und Pheromone teilen wollte.

Der größte lebende Militär-Stratege Amerikas ging bei seiner Affäre zunächst umsichtig vor. Als Noch-General hätte er sich strafbar gemacht. Als CIA-Chef, der er im September 2011 wurde, ist Ehebruch zwar nicht unbedingt karrierefördernd. Aber kein Verbrechen. Und vielleicht wäre die nach Recherchen von „New York Times“ und „Washington Post“ erst vor vier Monaten von Petraeus beendete Liebelei gar nie öffentlich geworden, wenn Paula Broadwell nicht eine diffuse Eifersucht gepackt hätte. Glaubt man den täglich neu angereicherten Erzählungen in den Medien, dann hat die mit Ehemann Scott, einem Radiologen, und ihren zwei Söhnen in North Carolina lebende Harvard-Absolventin einer gefühlten Nebenbuhlerin per E-Mail so zugesetzt, dass diese zum FBI ging und den Skandal ins Rollen brachte.

"Da lief nie etwas anderes"

Seltsam. Jill Kelleys Verbindung mit der Familie Petraeus ist nach allem, was man bisher weiß, seit fünf Jahren strikt freundschaftlicher Natur. Als der ehemalige Vorzeige-Militär auf dem MacDill-Luftwaffenstützpunkt in Tampa/Florida Dienst tat, kamen die 37-Jährige, ihr Mann Scott, Holly und David Petraeus häufig zusammen. Vor allem bei Benefiz-Veranstaltungen für Armee-Veteranen. „Da lief nie etwas anderes“, sagten Freunde der Kelleys mehreren Fernsehsendern. Trotzdem soll Broadwell in der nicht minder attraktiven Kelley die Rivalin gesehen haben. „Finger weg von David“, war der Tenor der Droh-Mails, die das US-Bundeskriminalamt auf den Absender Broadwell zurückverfolgen konnte. Als Abfall-Produkt dieser Recherche, so stellt es das FBI dar, fanden die Computer-Experten massenhaft E-Mails, in denen sich Petraeus (unter einem Pseudonym) und Broadwell wechselseitig ihrer Fleischeslust versicherten und den nächsten Stellungskrieg auf fremden Laken planten.

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Über die Anziehungskraft der ausgesprochen selbstbewussten Buchautorin gibt es in den USA keine zwei Meinungen. Basketball-Star und Abschlussrednerin an ihrer Highschool, Präsidentin der Studentenvereinigung in North Dakota, Fitness-Ass, Einser-Absolventin an der Elite-Militärakademie West Point, Fotomodell für einen Maschinengewehr-Hersteller – schon die Biografie nötigt vielen Kommentatoren Kniebeugen ab.

Paula Broadwell gilt als liebenswürdige Mutter

Nachbarn in dem beschaulichen Vorort Dilworth bei Charlotte mögen das Image vom Army-Vamp, der bei Recherche-Reisen mit David Petraeus in Afghanistan vor allem durch ortsunüblich eng anliegende Kleidung auffiel, nicht bestätigen. Hier gilt Paula Broadwell als liebenswürdige Mutter, die ihre Söhne zum Schulbus begleitet, abends bei Kerzenschein das Essen serviert. Okay, zwischendurch gehe sie regelmäßig laufen. Ausdauer kann Paula Broadwell in den nächsten Wochen nicht schaden.

US-Medien berichteten am Montag über ein inzwischen gelöschtes YouTube-Video, das einen Auftritt von Paula Broadwell Ende Oktober zeigt. Die zu diesem Zeitpunkt bereits von Petraeus getrennte Ex-Geliebte erwähnt in einem Vortrag an der Uni Denver/Colorado Details, die den Terror-Angriff auf das US-Konsulat im libyschen Bengasi am 11. September in ein neues Licht rücken würden, wenn sie denn stimmten. Danach hätten die Angreifer, denen später US-Botschafter Stevens zum Opfer fiel, auf dem Grundstück des Konsulats inhaftierte Kämpfer befreien wollen. CIA-Chef Petraeus habe dies alles bereits einen Tag nach der Attacke, die im Präsidentschaftswahlkampf zwischen Obama und Mitt Romney eine wichtige Rolle gespielt hat, gewusst, sagte Broadwell.

Regierung wie CIA haben Broadwells Beschreibungen am Montag als haltslos und absurd zurückgewiesen. Die Behauptung, es habe sich um eine Befreiungsaktion gehandelt, hatte bisher auf der Basis anonymer Quellen nur der Obama-feindliche TV-Sender Fox News aufgestellt. Schlussfolgerungen der „Washington Post“: Möglich, dass Broadwell sich auf Fox bezog, was nicht für sie spräche. Möglich, dass sie sich wichtig tun und Petraeus nachträglich schaden wollte. Nicht auszuschließen aber auch, dass an der Sache doch etwas dran sei, was den Rücktritt Petraeus’ abseits der Sex-Affäre in einem neuen Licht erscheinen lassen würde. Die zuständigen Ausschüsse des Kongresses, die gestern erneut voller Zorn erklärten, in der Causa Petraeus nicht beizeiten informiert worden zu sein, werden nun umso mehr auf einen Untersuchungsausschuss drängen, vermuten mehrere US-Medien. Der Skandal um den CIA-Chef, er ist noch lange nicht am Ende.