Essen. Deutschlands größte Bahn-Gewerkschaft hat bundesweit Mitglieder zu Gewalt befragt. Die Ergebnisse sind erschreckend: Mehr als jeder zweite der Befragten gab an, im Dienst von Zugreisenden beschimpft oder beleidigt worden zu sein. Die Statistik zeigt: Gewalt und Aggression in Zügen nimmt zu.
Pöbelei im Waggon, Prügel für den Schaffner: In öffentlichen Verkehrsmitteln macht sich ein Klima der Aggression und oft auch der Gewalt breit, das sich gegen das Bahnpersonal richtet. Deutschlands größte Bahn-Gewerkschaft hat bundesweit Mitglieder befragt – und erschreckende Ergebnisse erhalten.
Neun von zehn befragten Zugbegleitern und Lokführern sind schon in „heikle Situationen“ gekommen. 52 Prozent wurden beschimpft oder beleidigt. Jeder vierte musste einen körperlichen Angriff abwehren. 19 Prozent fühlten sich „genötigt“.
„Wir sind besorgt“, sagt Oliver Kaufhold von der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG. Gerade in Standardsituationen wie der Fahrkartenkontrolle komme es zu Streit. Der Widerstand stamme immer öfter von Reisenden, denen Aggressivität erst nicht anzusehen sei.
Mehrheit der Bahnmitarbeiter fordert Alkoholverbot in Zügen
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Das zeigt auch die Umfrage: 35 Prozent der Opfer waren von „normalen Fahrgästen“ angegriffen oder beschimpft worden, 29 Prozent von Betrunkenen, 16 Prozent von Fußballfans. Dennoch fordern fast drei Viertel der Bahnmitarbeiter ein Alkoholverbot, wie es in den lokalen Verkehrsbetrieben besteht, und stärkere Kameraüberwachung. „Wenn statt einem Zugbegleiter zwei auf einem Zug mitfahren, ist das auch besser“, so Kaufhold. Gerade Privatbahnen hätten da Nachholbedarf.
Die Bahn AG räumt den Trend ein: „Wir nehmen dies ernst“. 2011 gab es beim Personal der Staatsbahn 748 Körperverletzungen, zwölf Prozent mehr als im Vorjahr. In der ersten Jahreshälfte 2012 stieg die Zahl kräftig weiter, in den Sommermonaten habe es sich aber beruhigt. Vielleicht, weil mehr Sicherheitsbegleiter eingesetzt werden? „Wir haben das Sicherheitspersonal von 3200 auf 3700 Köpfe erhöht“, so die Bahn. Sie sind zur Eigensicherung mit Pfefferspray, Schlagstock und schnittsicheren Hemden gegen Messerattacken ausgestattet.
Mehr Übergriffe, aber weniger brutale
In S-Bahnen an Rhein und Ruhr nehmen „Belästigungen, Beschimpfungen, Beleidigungen“ zu, bestätigt Verkehrsverbunds-Sprecher Johannes Bachteler. Brutale Gewalt lasse aber nach. Immerhin werden pro Monat in den S-Bahnen des Reviers zwischen 400 und 600 sicherheitsrelevante Vorfälle gemeldet. Das geht aus dem jüngsten VRR-Sicherheitsreport hervor. Bei der Hälfte der Fälle sind Bahnpersonal oder Polizisten die Opfer.