Paris. Sie müssen ihre Heimat verlassen und hoffen auf ein neues Leben in Europa. Aber für viele Flüchtlinge endet der Versuch, ohne Visum in die EU einzureisen, tödlich. Laut Netzwerk Migreurop kamen 2011 mehr als 2000 Menschen an den Außengrenzen der EU um. Viele davon Libyer auf der Flucht vor Gewalt.

An den europäischen Grenzen sind im vergangenen Jahr im Durchschnitt fünf Menschen pro Tag bei Versuchen der illegalen Einreise ums Leben gekommen: Mindestens 2000 Menschen hätten insgesamt im vergangenen Jahr an den EU-Außengrenzen den Tod gefunden, gab das Netzwerk Migreurop am Donnerstag in Paris bekannt. Dem Netzwerk gehören etwa 40 Organisationen aus Europa und Afrika an, die sich für den freien Zugang zur EU einsetzen.

Die Zahlen für 2011 liegen aufgrund des Militäreinsatzes gegen Libyen deutlich höher als im Vorjahr, als etwa 320 Tote gezählt wurden. Nach Angaben von Migreurop kamen in den vergangenen 20 Jahren an den europäischen Außengrenzen mindestens 16.250 Migranten ums Leben - durch Ertrinken, Ersticken, Hunger, Kälte oder Selbstmord. Fast 13.000 davon verschwanden im Meer an den Südgrenzen der EU, davon wiederum etwa 6000 im Golf von Sizilien, 2500 bei Gibraltar und fast 3000 im Umfeld der Kanarischen Inseln. Die Grenze zwischen Polen und der Ukraine sei eine weitere, besonders tödliche Zone für Flüchtlinge.

2012 kamen bis Oktober 722 Menschen bei einem Einreiseversuch um

Die Zählung stützt sich auf eine Liste, die von einer in Amsterdam ansässigen Vereinigung auf der Basis von Zeitungsartikeln und Mitarbeitern vor Ort erstellt wurde. Einer aktualisierten Fassung zufolge kamen allein in diesem Jahr bis zum 25. Oktober 722 Menschen an den EU-Außengrenzen ums Leben. In den vergangenen zwei Wochen starben zudem 90 Menschen nach Angaben aus Marokko im Mittelmeer. Eines der letzten Opfer war demnach ein afrikanisches Baby, das vor der Küste der in Marokko liegenden, spanischen Enklave Melilla ertrank.

Nach Angaben von Migreurop sind nur die Opfer gezählt, deren Leichen gefunden wurde oder über deren Tod später Überlebende etwa von Schiffsunglücken berichteten. Boote mit Flüchtlingen, die untergehen und bei denen keine Überlebenden gerettet werden, wurden entsprechend nicht eingerechnet.

Flüchtlingsnetzwerk macht die Einwanderungsploitik der EU verantwortlich

Das Netzwerk prangerte die restriktive Einwanderungspolitik der EU an und sprach von einem "Krieg gegen Migranten". Die Verstärkung der Grenzkontrollen habe an den Flüchtlingsströmen nichts geändert, nur würden die Menschen nun größere Risiken eingehen. Harsche Kritik übte Migreurop auch am Verhalten der Militärs der NATO während des Libyen-Einsatzes; trotz massiver Präsenz im Mittelmeer sei in Seenot geratenen Flüchtlingen nicht geholfen worden. (afp)