Berlin. . Vom Gymnasium auf die Real- oder gleich die Hauptschule: In NRW sind Schulen meist nur in eine Richtung durchlässig – nach unten. In Bayern ist das anders, so eine Studie der Bertelsmann-Stiftung. Unter den Bundesländern mit einem mehrgliedrigen Schulsystem landet NRW in der Mitte.
Im Schuljahr 2010/2011 haben in Nordrhein-Westfalen 10 411 Heranwachsende der Sekundarstufe I auf eine niedrigere Schulform wechseln müssen, weil ihre Leistungen nicht gut genug waren. Ein Aufstieg gelang nur 1873 Fünft- bis Zehntklässlern. Unter dem Strich kommt an Rhein und Ruhr so ein Aufsteiger auf 5,6 Absteiger. Dies geht aus einer Studie der Bertelsmann-Stiftung hervor, die die Durchlässigkeit der Schulsysteme aller Bundesländer untersucht hat. Demnach haben 1,8 Prozent aller NRW-Schüler die Schulform gewechselt.
NRW im Mittelfeld
Unter den Bundesländern mit einem mehrgliedrigen Schulsystem landet NRW mit seiner Auf- und Absteigerquote in der Mitte. Während in Bayern rein statistisch auf einen Aufsteiger nur 0,9 Absteiger kommen, sind es beim Schlusslicht Niedersachsen sogar 10,3 Absteiger.
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Die Autorin der Studie, Gabriele Bellenberg von der Bochumer Ruhr-Uni, begründete das ungünstige Verhältnis in NRW mit der schwachen Rolle der Hauptschule, in der nur noch zehn Prozent aller Schüler sind. Bellenberg sprach von einer „Restschule“, in der sich vor allem Jugendliche befänden, deren Schullaufbahn von Misserfolgen geprägt sei. Aus ihrer Sicht haben die NRW-Hauptschulen schlicht zu wenig Lernende mit Potenzial für mehr. So schafften nur 1181 den Sprung von der Haupt- auf die Realschule. Dass NRW im Vergleich zu Hessen oder Niedersachsen besser abschneidet, begründet die Bildungsforscherin mit der Pflicht für Lehrer, die Aufstiegsmöglichkeiten jedes Schülers zu prüfen.
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Kritik vom Lehrerverband
Wie NRW insgesamt im bundesweiten Vergleich abschneidet, geht aus der Studie nicht hervor. Auf ein direktes Ranking verzichtete Bellenberg schon deswegen, weil die Bundesländer unterschiedliche Schulsysteme haben. Den Weg für bessere Aufstiegschancen sieht die Erhebung daher nicht in Strukturdebatten, sondern in einer besseren Einzelförderung der Schüler.
Der Deutsche Philologenverband hat die Studie am Dienstag massiv kritisiert. Dessen Vorsitzender Heinz-Peter Meidinger sprach von falschen Ergebnissen. 30 Prozent der Hauptschüler machten später die Mittlere Reife und über ein Drittel der Realschüler später das Abitur. „Diese Aufstiege blendet die Studie einfach aus“, sagte der DPhV-Vorsitzende.
Häufig Abi am Berufskolleg
Das NRW-Schulministerium verwies auf die Rolle der Berufsschulen. Dort haben 2011 gut 76 000 Schüler einen allgemeinbildenden Schulabschluss bekommen, darunter 36 700 das Fachabitur und 8200 das Abitur, wie das Statistische Landesamt gestern mitteilte.
Nicht umsonst kommt die Bertelsmann-Studie zu dem Schluss, dass das NRW-Schulsystem gute Chancen auf das Abi bietet. So erreicht Nordrhein-Westfalen immerhin einen Top-Wert im Ländervergleich: Mit 56,6 Prozent Studienberechtigten liegt es bundesweit auf Platz eins. „Dies zeigt, dass wir zwar unterschiedliche, aber vor allem zielführende Wege zum Abitur anbieten“, sagte Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne).