Athen. . Staatschef Dimitris Christofias wird auf dem EU-Gipfel keinen leichten Stand haben. Sein Land braucht dringend Hilfskredite, das Bankensystem steht vor dem Zusammenbruch. Durch Kreditausfälle drohen Milliardenverluste. Doch Hilfskredite sind an Spar- und Reformauflagen gebunden - und Zypern will mehr Zeit für Reformen.
Zyperns Staatschef Dimitris Christofias wird auf dem am Donnerstag beginnenden EU-Gipfel keinen leichten Stand haben. Einerseits braucht sein Land dringend Hilfskredite. Andererseits sträubt sich die Regierung gegen die Sparauflagen der Troika. Christofias läuft die Zeit davon: Bleiben die Rettungskredite aus, droht dem zyprischen Bankensystem der Zusammenbruch.
Staatschef wettert gegen die Banken
Bereits im Juni beantragte Zypern als fünftes Euro-Land Hilfsgelder der EU und des Internationalen Währungsfonds (IWF). Die Kredite werden vor allem für die Rekapitalisierung der zyprischen Banken benötigt, die stark im Krisenstaat Griechenland engagiert sind. Sie mussten beim griechischen Schuldenschnitt rund 4,2 Milliarden Euro abschreiben.
Weitere Milliardenverluste drohen durch Kreditausfälle. Die Troika aus Europäischer Zentralbank, EU und IWF schätzt den Kapitalbedarf der Institute auf zehn Milliarden Euro – eine Summe, die Zypern aus eigener Kraft niemals aufbringen könnte: Sie entspricht fast 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) der Inselrepublik.
Zypern will mehr Zeit
Vom Kapitalmarkt ist Zypern bereits seit dem Frühjahr 2011 wegen seiner schlechten Bonität ausgeschlossen. An Hilfskrediten führt deshalb kein Weg vorbei. Doch die sind an Spar- und Reformauflagen gebunden. Dass gespart werden muss, sieht auch die Regierung ein. Sie will aber mehr Zeit für die Umsetzung der Haushaltskonsolidierung: Fünf Jahre statt vier, wie von der Troika gefordert.
Und über einige Punkte lässt der in Moskau geschulte Altkommunist Christofias gar nicht mit sich reden: Privatisierungen lehnt er ebenso ab wie die von der Troika geforderte Abschaffung des automatischen Inflationsausgleichs oder die Streichung des 13. Monatsgehalts. Auch bei den geforderten Rentenkürzungen zögert Christofias – aus Rücksicht auf die starken Gewerkschaften, eine tragende Säule der kommunistischen „Aufbaupartei des werktätigen Volkes“, als deren Generalsekretär er 2008 zum Staatspräsidenten gewählt wurde.
Christofias trägt selbst die Verantwortung
Der Staatschef wettert gegen „verantwortungslose Banken“, „Profiteure“ sowie die „gierigen und grausamen Finanzmärkte“. Tatsächlich aber trägt er die Hauptverantwortung für die Misere: Bei seinem Amtsantritt wies der Staatshaushalt einen Überschuss von 3,4 Prozent des BIP aus, die Schuldenquote lag bei nur 48 Prozent. Großzügige Sozialleistungen bescherten dem Land 2011 ein Haushaltsdefizit von 6,7 Prozent. Die Schuldenquote hat sich in fünf Jahren fast verdoppelt.
Seit Wochen drängen die Partner Zypern zur Eile: Regierung, Opposition, Gewerkschaften und Unternehmer müssten sich rasch auf den Sparkurs verständigen, mahnte EU-Kommissionspräsident Barroso. Kürzlich stufte die Ratingagentur Moody’s Zyperns Kreditwürdigkeit um weitere drei Stufen herab.