An Rhein und Ruhr. . Banküberfälle, Aktienbetrug, Rauschgifthandel, Rocker: In 66 Verfahren hatte es die Polizei in Nordrhein-Westfalen im vergangenen Jahr mit Organisierter Kriminalität zu tun. Mindestens 87 Raubüberfälle auf Bank- und Sparkassenfilialen in NRW und dem übrigen Bundesgebiet gehen aufs Konto einer weißrussischen Bande.

Die Taten waren präzise geplant. Mit Spionagekameras kundschafteten die Kriminellen ihre Tatorte aus aus und nutzten Scanner, um Überwachungstechnik zu orten. Mindestens 87 Raubüberfälle auf Bank- und Sparkassenfilialen in NRW und dem übrigen Bundesgebiet gehen aufs Konto einer weißrussischen Bande. Die Beute: knapp eine Million Euro. Die Bosse saßen in Grodno, einer Stadt im Dreiländereck zu Polen und Litauen. Sie nutzten lokale Botschafter („Residenten“) in Bottrop, Remscheid und Lüdenscheid. Diese stellten den eigentlichen Bankräubern, die eigens für die Überfälle von Polen aus eingeschleust wurden, Wohnungen zur Verfügung und wiesen diese in die Tatorte ein.

Netzwerkartige, strenghierarchische Strukturen

Ein typischer Fall: „Im Zuge der EU-Osterweiterung haben kriminelle Banden aus Osteuropa ihre Aktionsfelder in das ökonomisch besser konstituierte Mitteleuropa ausgedehnt“, heißt es in einem aktuellen Lagebild des Landeskriminalamtes zur Organisierten Kriminalität (OK). Die Botschaft des Lagebildes: Die Polizei in Nordrhein-Westfalen hat es dabei mit Banden zu tun, die immer professioneller agieren und immer internationaler werden. Der Einfluss aus Osteuropa werde vor allem bei Eigentumsdelikten deutlich. Dort hätten sich „mittlerweile netzwerkartige, streng hierarchisch aufgebaute und in Arbeitsbereiche untergliederte Strukturen“ etabliert.

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Mit 66 OK-Verfahren hatten die Polizeibehörden in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2011 wieder alle Hände voll zu. Die Beamten ermittelten insgesamt 1948 Tatverdächtige – überwachten dazu auch Mails und Telefongespräche (44 Verfahren), mitunter auch länger als drei Monate. In vier Verfahren kamen verdeckte Ermittler zum Einsatz. Die Zahl der aufgedeckten Straftaten verdoppelte sich auf 6480. Diebstähle und Überfälle, Gewaltkriminalität, vor allem Rauschgifthandel, Rotlicht-Delikte, aber auch mehr und mehr Wirtschaftsdelikte – das sind die Felder, auf denen sich die Kriminellen tummeln.

Mit 151,275 Millionen Euro hat sich der Schaden, den die Organisierte Kriminalität angerichtet hat, gegenüber dem Vorjahr verdreifacht. Die große Schadenshöhe hat wesentlich mit den Wirtschaftsdelikten zu tun. In Duisburg etwa ermittelt eine Kommission seit April 2011 gegen eine Bande, die mit wertlosen Aktien handelte und dazu ein Geflecht von weit über 100 international verschachtelten Firmen nutzte. Bislang konnte die Ermittler rund 3500 Betrugsfälle aufdecken, der Schaden liegt bereits bei 35 Millionen Euro. Schlussendlich könnten daraus aber mehr als 300 Millionen Euro werden, so die Einschätzung der mit dem Verfahren betrauten Beamten.

LangwierigeErmittlungen

Im Schnitt dauerten die OK-Verfahren fünfzehneinhalb Monate, manchmal aber auch länger. Die insgesamt 54 Tatverdächtigen der weißrussischen Bankräuber-Bande sitzen mittlerweile fast alle in U-Haft oder sind verurteilt. Die Ermittlungen, die von der Polizei in Recklinghausen koordiniert wurden, waren langwierig. Die Serie von Banküberfällen begann 2009 und zog sich bis in dieses Jahr hin. Im Juli wurde der 26-jährige Aliksandar Burak in einer Kleingartenanlage in Duisburg verhaftet, einige Wochen zuvor hatte er noch eine Bank im Stadtteil Wanheimer-ort überfallen und davor eine in Essen.