Oslo/Brüssel/Berlin. Norwegisches Komitee lobt die Arbeit der EU für Frieden und Versöhnung. Besonders die Aussöhnung zwischen Deutschland und Frankreich wurde hervorgehoben. Doch es gab auch Kritik: So sagte Gregor Gysi, dass die EU derzeit dabei, sich für Kriege ausfzurüsten.

Mitten in ihrer größten Bewährungsprobe ist die Europäische Union mit dem ­Friedensnobelpreis geehrt worden. Das norwegische Nobelpreis- ­Komitee würdigte mit seiner ­einstimmigen Entscheidung die Jahrzehnte währende Rolle der EU als Stifterin von Frieden und ­Versöhnung, von Demokratie und Menschenrechten in Europa.

Die EU habe eine Schlüsselrolle bei der Umwandlung Europas von einem Kontinent des Krieges in einen des Friedens gespielt. Besonders hoben die Juroren die Aus­söhnung zwischen Deutschland und Frankreich nach drei Kriegen hervor. „Heute ist ein Krieg ­zwischen Deutschland und Frankreich undenkbar.“

Weiter würdigte das vom norwegischen Parlament eingesetzte ­Komitee die Demokratisierung in Spanien und Portugal sowie die Ost-Erweiterung der EU nach dem Fall der Mauer. Das habe neue ­Kapitel in der europäischen ­Geschichte aufgeschlagen. „Die Teilung Europas in Ost und West wurde zu einem großen Teil beendet, die Demokratie wurde gestärkt und manch ethnisch begründeter nationaler Konflikt konnte bei­gelegt werden.“

„Berechtigte Anerkennung“

Der Komitee-Vorsitzende Thorbjörn Jagland nannte die Verleihung des Friedensnobelpreises eine Botschaft an das mit einer schweren Schuldenkrise kämpfende Europa, das Erreichte zu bewahren und weiter zu entwickeln.

In der EU löste der Preis begeisterte ­Reaktionen aus. „Das ist die ­berechtigte Anerkennung für ein einzigartiges Projekt, das seinen Bürgern und der Welt gut tut“, ­sagte der Präsident der EU-Kommission, José Manuel Barroso. Bundeskanzlerin Merkel sprach von einer wunderbaren Entscheidung. Nach Jahrhunderten des Blutvergießens auf dem Kontinent sei eine friedliche Ordnung ­erreicht worden. Zu ihr gehöre auch der Euro, der mehr sei als eine Währung, sagte die Kanzlerin.

Wie sie sahen viele andere Poli­tiker die Ehrung auch als Ansporn für eine Überwindung der ­Schuldenkrise an. Altbundeskanzler ­Helmut Kohl begrüßte die Ehrung als „klug und weitsichtig“. „Ich freue mich sehr über diese Entscheidung“, erklärte der 82-Jäh­rige. Der CDU-Politiker war von 1982 bis 1998 Bundeskanzler und in dieser Zeit zusammen mit dem französischen Präsidenten François Mitterrand maßgeblich an der Integration der euro­päischen Staaten beteiligt.

Kritik von der Linken

Kritik an der Auszeichnung kam vor allem von der Linken.  „Die EU ist gerade dabei, sich aufzurüsten, weil sie außerhalb Europas an ­Kriegen teilnehmen will“, sagte Fraktionschef Gregor Gysi.

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Die mit 930.000 Euro dotierte Auszeichnung wird am 10. Dezember überreicht. Und schon gibt es Streit, wer den Preise entgegennehmen soll: Geht es nach dem Willen der EU-Kommission, dann sollen das Kommissionspräsident Barroso und Ratspräsident Herman Van Rompuy tun. Doch SPD-Chef Sigmar Gabriel ist dagegen, dass ein „Technokrat aus der Kommission“ die Auszeichnung erhält. Stattdessen schlug er einen Parteifreund vor: den EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz.