Oslo..
Altkanzler Helmut Kohl kann sich Hoffnungen auf den Friedensnobelpreis machen. Der 80-Jährige gehöre zum engeren Favoritenkreis, so norwegische Medien. Unterdessen versucht China die Wahl eines asiatischen Dissidenten zu verhindern.
Die Bekanntgabe des Friedensnobelpreisträgers am morgigen Freitag könnte die Beziehungen zwischen Norwegen und China belasten: Als aussichtsreichster Anwärter gilt der in der Volksrepublik inhaftierte Schriftsteller und Literaturprofessor Liu Xiaobo. Zumindest erwarten Experten einen Preisträger, der im Vergleich zu US-Präsident Barack Obama 2009 weniger Kritik hervorruft. Zu den 237 Kandidaten für die Auszeichnung zählt auch Altbundeskanzler Helmut Kohl. Der norwegische Fernsehsender NRK berichtete, der 80-Jährige gehöre wegen seiner Verdienste für die deutsche Einheit zum engeren Favoritenkreis.
Der Chinese Liu gilt unter anderem als aussichtsreich, weil sich der frühere tschechische Dissident Vaclav Havel im September für die Auszeichnung des Regierungskritikers aussprach. Der Nobelpreis würde Liu und der chinesischen Regierung zeigen, dass viele Menschen in China und der Welt solidarisch seien, schrieben der frühere tschechische Präsident und zwei andere Ex-Dissidenten in einem offenen Brief, der in der „International Herald Tribune“ veröffentlicht wurde.
Belastung der bilateralen Beziehungen möglich
Die Wahl Lius würde in Peking wahrscheinlich scharfe Kritik hervorrufen. So berichtete der Chef des norwegischen Nobel-Institutes, Geir Lundestad, China würde die Entscheidung als „unfreundlichen Akt“ betrachten. Zugleich sagte er, dass sich das Komitee nicht von Warnungen Chinas beeinflussen lasse. Eine Entscheidung zugunsten Lius würde an 1989 erinnern, als das Komitee nach dem Massaker auf dem Platz des himmlischen Friedens in Peking dem geistlichen Oberhaupt der Tibeter, dem Dalai Lama, den Preis verlieh.
Eine Belastung der bilateralen Beziehungen zwischen Norwegen und China könnte indirekt auch Auswirkungen auf die EU haben. Die beiden Länder beraten gerade über ein Handelsabkommen, das Vorbild für eine ähnliche Regelung mit der Union sein könnte. Norwegen möchte zudem seine Technik für die Energiesuche in den Meeren nach China verkaufen. Im August gab der Konzern Statoil bekannt, in China nach Öl suchen zu wollen.
Preis für Obama schon nach neun Monaten Amtszeit
Nach Einschätzung von Experten wird das Komitee in diesem Jahr ohnehin vorsichtig bei der Wahl sein. Denn die Entscheidung, Obama weniger als neun Monate nach seinem Amtsantritt auszuzeichnen, löste viel Verwunderung aus. Damals wie heute kämpften US-Soldaten in Kriegen in Afghanistan und im Irak. Obama hatte sein Konzept für eine atomwaffenfreien Welt vorgestellt, davon aber nichts umgesetzt. Der Chef des Osloer Friedensinstitutes Prio, Kristian Berg Harpviken, betont, das Komitee müsse bei der Wahl sehr vorsichtig sein, um nicht das Ansehen des Preises zu beschädigen. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie überrascht waren, wie einseitig die Kritik war.“(rtr)