Düsseldorf. . In ihrer Regierungserklärung kündigt die Ministerpräsidentin ein Konzept gegen soziale Ausgrenzung an. Auch der Energiepolitik räumt sie in ihrer Rede Raum ein. Grundsätzlich bekannte sie sich zur Schuldenbremse, nannte aber keine Details. Große Vermögen sollten indes stärker belastet werden.

Ihr cyclam-farbenes Kostüm hatte Hannelore Kraft bereits beim TV-Duell gegen Norbert Röttgen getragen – es war nicht das einzige, was den Beobachtern gestern bekannt vorkam. „Vorbeugend, nachhaltig, gerecht“: die rot-grüne Kernbotschaft ihrer ersten Amtszeit beseelte wie ein Mantra auch die Regierungserklärung der Ministerpräsidentin. Vor allem der Ar­mutsbekämpfung will sich ihre Koalition bis 2017 widmen. Aber auch die Industrie- und Energiepolitik nahm großen Raum in Krafts gut einstündiger Rede ein.

Wirtschaft und Energie

„Wir dürfen die Energiewende in Deutschland nicht verstolpern“, warnte Kraft. Nur wenn das gelinge, könne der Wirtschaftsstandort NRW mit zusätzlicher Dynamik rechnen. Kritik an der Bundesregierung, die auf dem Weg zu klimafreundlicher und bezahlbarer Stromversorgung „erheblich ins Stottern“ geraten sei, verband Kraft mit einem klaren Bekenntnis zu Erneuerbaren Energien. Aber auch Kohle oder Gas sollen weiter effizient und umweltfreundlich eingesetzt werden. „Wir kämpfen für den Industriestandort NRW, um jeden Arbeitsplatz“, beteuerte Kraft. Das umstrittene Eon-Kraftwerk in Datteln erwähnte sie nicht. Ein Schwerpunkt soll die Förderung der mittelständischen Wirtschaft sein.

Schule und Bildung

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Nach dem Start mit 42 Sekundarschulen wird jetzt das längere gemeinsame Lernen von Klasse eins bis zehn erprobt. Der Schulversuch „Primus“, der bereits bei den Grundschulen ansetzt, ist Teil des mit der CDU vereinbarten Schulkonsenses. Trotz sinkender Schülerzahlen sollen bis 2015 allein 8000 zusätzliche Lehrer kleinere Lerngruppen, wohnortnahe Grundschulen und mehr individuelle Förderung ermöglichen. In benachteiligten Stadtteilen werden mehr Familienzentren entstehen. In Kitas soll es nur dann weitere Beitragsfreiheit geben, schränkte Kraft ein, wenn es dafür finanzielle Spielräume gibt.

Kampf gegen Armut

„Die einen werden immer ärmer, die anderen immer reicher“, sagte Kraft, die damit die Grundwerte in ihrer Substanz gefährdet sieht. Derzeit gilt jeder siebte Einwohner in NRW als arm, gemessen an seinem Einkommen. Die Koalition will ein Handlungskonzept gegen Armut und soziale Ausgrenzung erarbeiten. „Wir werden uns keinen Tag mit wachsender Armut abfinden“, versprach sie. Damit gekoppelt sind Initiativen gegen Niedriglöhne und Leiharbeit auf Bundesebene. Nach einem Prognos-Gutachten würden von einem gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro eine Million Menschen in NRW profitieren.

Finanzen

Ohne ins Detail zu gehen, bekannte sich Kraft zur Schuldenbremse und zu „nachhaltiger Haushaltssanierung“. Bis 2017 soll eine Milliarde im Etat strukturell eingespart werden. Allerdings könnten die Finanzen nur durch Ausgabenkürzung nicht konsolidiert werden, das Land brauche Zukunftsinvestitionen. „Für Steuergeschenke gibt es keinen Raum“, betonte Kraft. Über einen Vorstoß im Bundesrat will NRW große Vermögen steuerlich belasten. Starke Schultern müssten mehr tragen, so Kraft.

Mehr Respekt

Kraft verurteilte wachsende Gewalt gegen Polizisten und Hilfskräfte. Allein 2011 seien 1974 Polizeibeamte im Dienst verletzt worden. Um extrem brutale Attacken auf Wehrlose im Nahverkehr oder „Hass-Stürme und Mobbing im Netz“ einzudämmen, soll es jährlich eine „Woche des Respekts“ an den Schulen geben. Dabei sollen Prominente Patenschaften übernehmen.

Die Reaktionen

Auf FDP-Fraktionschef Christian Lindner wirkte die Regierungserklärung „wie eine Pflichtübung“. Die Piraten sprachen von „Luftschlössern“, weil viele Maßnahmen unter Finanzierungsvorbehalt stünden. Die Lehrergewerkschaft GEW lobte die Absicht, „in noch bessere Bildung“ zu investieren. Für den Steuerzahlerbund sind Krafts Steuerpläne „ein einziges Ärgernis“.