Düsseldorf. . Die Direkte Demokratie in Nordrhein-Westfalen erlebt einen Boom. Im bundesweiten Vergleich gibt es nur in Bayern und Baden-Württemberg mehr Bürgerbegehren. Allerdings gibt es Experten zufolge immer noch wichtige Themen, über die Bürger nicht mitentscheiden dürfen.
Die „direkte Demokratie“ in NRW macht Fortschritte. Immer mehr Bürger wollen vor Ort mitentscheiden, ob ein Stadion abgerissen oder eine Rathaus-Nebenstelle dichtgemacht werden soll. In kaum einem Bundesland gibt es bei Bürgerbegehren einen ähnlich starken Zuwachs wie an Rhein und Ruhr. „Wir erleben einen Boom“, so der Verein „Mehr Demokratie“.
Jahrelang lag NRW im bundesweiten Vergleich am Ende der Tabelle. Jetzt ist es auf Rang 3 hinter Bayern und Baden-Württemberg vorgerückt. 628 Bürgerbegehren zählt der Verein, seit dieses Instrument 1994 in NRW genutzt werden kann. Davon kam es in gut jedem vierten Fall zum Volksentscheid. „NRW holt erheblich auf“, sagt auch Andreas Kost, Politik-Professor an der Uni Essen-Duisburg.
Oft geht es um Schwimmbäder oder Schulen
Allein seit 2009 wurden in NRW 122 Bürgerbegehren gezählt. Für Alexander Trennheuser, Geschäftsführer des Vereins „Mehr Demokratie“, haben vor allem rot-grüne Reformen den Aufwärtstrend begünstigt. Die Koalition senkte die Abstimmungshürden und passte die Quoren der Einwohnerzahl an. Während in einer kleinen Eifel-Gemeinde zehn Prozent der Bewohner ein Bürgerbegehren unterstützen müssen, wenn es Erfolg haben soll, sind es in Großstädten drei Prozent.
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Als vorteilhaft, so Kost, erwies sich auch der Verzicht auf den Kostendeckungsvorschlag. Daran waren früher viele Bürgerbegehren schon im Vorfeld gescheitert, weil die Initiatoren damit häufig überfordert waren. In NRW betrifft jedes dritte Begehren den Bereich Bildung und Soziales – also etwa die Frage, ob eine Schule oder ein Schwimmbad erhalten oder geschlossen wird. Auf Platz 2 liegen Infrastruktur-Projekte wie der Bau eines Rathauses, dahinter folgt der Themenbereich Verkehr.
Energieprojekte bleiben außen vor
Dennoch fordert „Mehr Demokratie“ mehr Spielraum. Zu knappe Fristen für die Unterschriftensammlung in NRW – etwa sechs Wochen für ein Begehren gegen Ratsbeschlüsse – bremsen die direkte Mitbestimmung, so die Kritik. Außerdem dürften Bürger über wichtige Energie-Themen wie die Ansiedlung von Windrädern, Solarparks oder Biomasse-Anlagen nicht mitentscheiden. Trennheuser: „Dabei ist die Sorge, dass Wutbürger wichtige Infrastruktur-Projekt verhindern, nicht berechtigt.“