Berlin. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) will den Kauf von Steuer-CDs unter Strafe stellen. NRW-Politker, Steuer-Gewerkschaft und Opposition üben scharfe Kritik an ihrem Vorstoß, unter anderem Norbert Walter-Borjans. Gegen den NRW-Finanzminister wurden indes Anzeigen erhoben.
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) wird wegen ihrer Pläne zu einem Verbot des Ankaufs von Steuer-CDs heftig attackiert. Sie hatte sich am Samstag dafür stark gemacht, eine Gesetzesinitiative gegen Datenhehlerei auf den Weg zu bringen. Nach Kritik aus der Bundesopposition haben sich nun auch NRW-Politiker ablehnend geäußert.
"Es ist eine falsche Idee der Freiheit, der die FDP wieder einmal anhängt", sagte Sylvia Löhrmann (Grüne), stellvertretende Ministerpräsidentin in Nordrhein-Westfalen, der "Rheinischen Post". "Wenn es um die Freiheit von Steuerhinterziehern geht zulasten des Sozialstaates und des Gemeinwohls, dann steht die FDP immer wieder auf der falschen Seite, der Seite der Betrüger", kritisierte Löhrmann.
Hannelore Kraft sieht "Frage von fundamentaler Gerechtigkeit"
Die NRW-SPD lehnt ein mögliches Verbot des Ankaufs von Steuerdaten-CDs vehement ab. Die FDP müsse sich jetzt entscheiden: "Steht sie an der Seite der Steuerehrlichen, oder steht sie an der Seite der Betrüger", sagte die stellvertretende SPD-Vorsitzende Hannelore Kraft am Montag in Berlin. "Wir reden hier nicht über Kavaliersdelikte, wir reden hier über Verbrechen", fügte die Ministerpräsidentin von NRW hinzu.
Mit dem Vorschlag von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) gehe es den Liberalen nur darum, eine bestimmte Klientel zu schützen. "Die Frage der Verfolgung von Steuersündern ist eine Frage von fundamentaler Gerechtigkeit", sagte Kraft, deren Bundesland jüngst weitere Daten-CDs aus der Schweiz erworben hatte, um deutschen Steuerhinterziehern auf die Spur zu kommen.
Schäuble bremst Leutheusser-Schnarrenberger
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sieht keine Priorität für die Pläne der Bundesjustizministerin. "Das ist ein Nebenkriegsschauplatz", sagte Schäuble im Deutschlandfunk. Zentral sei, im geplanten Abkommen mit der Schweiz Regelungen zu treffen, "dass der Staat nicht darauf angewiesen ist, mit Kriminellen zusammenzuarbeiten, um die Gerechtigkeit des Steuervollzugs sicherzustellen".
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Schäuble fügte hinzu, es sei bisher "unstreitig", dass der Ankauf von CDs mit Daten von Steuerhinterziehern in der Schweiz "rechtlich gerechtfertigt" sei. Nordrhein-Westfalen hat deutlich gemacht, weiterhin gestohlene Steuerdaten aufkaufen zu wollen.
Walter-Borjans von Düsseldorfer Experten angezeigt
NRW-Finanzminister Walter-Borjans (SPD) warf seiner Kollegin Leutheusser-Schnarrenberger vor, "vermögenden Steuerbetrügern weiterhin Schutz vor der Strafverfolgung zu gewähren". Sie dürfe "gerichtlich zugelassene Fahndungsinstrumente gegen Steuerbetrug nicht kriminalisieren" und müsse das "unmissverständlich klarstellen", sagte Walter-Borjans dem "Kölner Stadtanzeiger".
Wie die "Wirtschaftswoche" berichtete, hat der Düsseldorfer Steuerrechtsexperte Thomas Koblenzer indes Strafanzeige gegen den nordrhein-westfälischen Finanzminister gestelllt - wegen des Ankaufs von Steuer-CDs aus der Schweiz. Koblenzer habe außerdem Mitarbeiter der Schwerpunktstaatsanwaltschaft Wuppertal und der Oberfinanzdirektion Rheinland angezeigt, schreibt das Blatt.
Der Jurist werfe ihnen unter anderem unbefugtes Beschaffen von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen, Verleiten von Datenhehlern zum Verrat und Verstoß gegen das Datenschutzgesetz vor. Derzeit prüfe die Staatsanwaltschaft Köln, ob sie Ermittlungen aufnimmt.
Nahles: Ministerin macht sich "zur Lobbyistin für Steuerhinterzieher"
Sowohl Opposition als auch die Deutsche Steuer-Gewerkschaft warfen der Ministerin vor, mit ihrem Vorhaben Steuerhinterziehung zu begünstigen. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles bezeichnete den Ankauf von Datenträgern als "richtig und wichtig, um Steuerbetrug ans Licht zu bringen". Leutheusser-Schnarrenberger mache sich "zur Lobbyistin für kriminelle Steuerhinterzieher. Sie will Betrüger, die ihr Geld ins Ausland schaffen, auch noch per Gesetz beschützen", sagte Nahles weiter.
SPD-Fraktionsvize Joachim Poß betonte, "die Rechtmäßigkeit des Ankaufs von Steuer-CDs ist höchstrichterlich bestätigt". SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann forderte: "Der Ankauf von Steuer-CDs muss legal bleiben."
Steuer-Gewerkschaft greift Leutheusser-Schnarrenberger an
Auch Grünen-Chef Cem Özdemir prangerte die Pläne der Justizministerin an: "Die schwarz-gelbe Koalition kann am Ende ihrer Amtszeit eine Bilanz sicher ziehen: Sie hat alles gegeben, um jene Steuerhinterzieher vor den deutschen Steuerbehörden zu schützen, die ihr Vermögen ins Ausland geschafft und dort versteckt haben."
Linke-Fraktionsvize Ulrich Maurer nannte die FDP eine "Steuerhinterzieherbeschützerpartei". Dass die Liberalen den Ankauf der CDs gesetzlich verbieten wollten, käme "einer Beihilfe zur Steuerflucht gleich".
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Die Deutsche Steuer-Gewerkschaft warf Leutheusser-Schnarrenberger vor, sich mit ihrer Ankündigung auf die Seite von Steuerhinterziehern zu stellen. "Damit sollen die Gegner des Steuerabkommens mundtot gemacht werden", sagte der Bundesvorsitzende Thomas Eigenthaler der "Bild am Sonntag" mit Blick auf die geplante bilaterale Regelung mit der Schweiz.
Leutheusser-Schnarrenberger wendet sich gegen Blockade
Der Ankauf der elektronischen Datenträger sorgt seit Monaten für Streit. Zuletzt hatte das rot-grün regierte Nordrhein-Westfalen Steuer-CDs aus der Schweiz erworben, um deutschen Steuersündern auf die Spur zu kommen. Das Bundesfinanzministerium kritisierte den Ankauf. Leutheusser-Schnarrenberger wiederum wendet sich gegen die Blockade: "Ich finde es unverantwortlich, dass SPD und Grüne das Steuerabkommen aus populistischen Gründen scheitern lassen." (dapd)