Zürich. Bei der Schweizer Privatbank Julius Bär wurde ein Angestellter verhaftet, der offenbar Steuerdaten an NRW-Steuerfahnder verkauft hat. Wie viele Kunden möglicherweise betroffen sind, teilte die Bank nicht mit. Laut einem Medienbericht werden in NRW in Kürze 2000 Ermittlungen gegen mutmaßliche Steuerhinterzieher eingeleitet.

Bei der Schweizer Privatbank Julius Bär ist in Zürich ein Angestellter verhaftet worden, der Kundendaten gestohlen und an die deutschen Behörden weitergegeben haben soll. Das teilte der Sprecher der Bank am Sonntag mit und bestätigte damit einen Bericht der Schweizer "SonntagsZeitung". Der Datendiebstahl sei durch verschärfte Kontrollen und eine umfangreiche interne Untersuchung festgestellt worden, zitiert die Zeitung Bankchef Boris Collardi.

Der mutmaßliche Verdächtige sei verhaftet und entlassen worden, sagte Bank-Sprecher Jan Vonder Muehll der Schweizer Nachrichtenagentur SDA. Er soll im Alleingang gehandelt haben. Die gestohlenen Daten wurden offenbar auf einer CD an nordrhein-westfälische Steuerfahnder weitergegeben. Wie viele Kunden möglicherweise betroffen sind, teilte die Bank nicht mit.

Die nordrhein-westfälischen Behörden erwarben schon im Oktober 2010 eine CD mit Daten der Bank Julius Bär. Danach kam es zu zahlreichen Ermittlungen gegen deutsche Steuersünder und Selbstanzeigen.

Im April 2011 zahlte Julius Bär dann 50 Millionen Euro, damit die deutschen Behörden ihre Ermittlungen gegen die Bank und ihre Mitarbeiter einstellen.

Mehr als 2000 Verdächtige nach Kauf von Steuer-CDs

Nach dem erneuten Kauf von CDs mit Bankdaten aus der Schweiz sollen einem Zeitungsbericht zufolge in Nordrhein-Westfalen voraussichtlich im Herbst Ermittlungsverfahren gegen mehr als 2000 mutmaßliche Steuerhinterzieher eingeleitet werden. Aktenzeichen seien bislang noch nicht angelegt, weil die Daten weiter geprüft würden, berichtete die "Süddeutsche Zeitung" (Montagausgabe) ohne Angaben von Quellen.

Demnach werden sich die Staatsanwaltschaft Bochum mit Daten der Bank UBS, die Ermittler in Düsseldorf mit der Privatbank Coutts, die Aachener Strafverfolger mit Merrill Lynch und ihre Münsteraner Kollegen mit dem Institut Julius Bär befassen. Julius Bär hatte am Wochenende bestätigt, dass der Bank Kundendaten abhandengekommen sind.

Nordrhein-Westfalen hat schon mehrfach CDs mit Daten von Bundesbürgern gekauft, die ihr Geld vor dem Fiskus auf Schweizer Bankkonten verstecken. Das Vorgehen ist in der Eidgenossenschaft und auch in Deutschland umstritten und soll mit einem Steuerabkommen zwischen beiden Ländern verhindert werden.

Von den SPD und Grünen regierte Bundesländer lehnen den Vertrag aber ab und werden ihn wohl im Bundesrat im Herbst blockieren. Nach ihrer Ansicht kommen mit dem Abkommen Steuersünder zu günstig davon. Vorgesehen war eine Besteuerung der Vermögen. Die Täter sollten aber anonym bleiben.

Scholz will Steuerabkommen neu aushandeln

Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Olaf Scholz will das Steuerabkommen mit der Schweiz neu aushandeln. "Das Steuerabkommen hat viele Mängel. Wenn alles bleibt, wie es ist, kann es nicht in Kraft treten", sagte Hamburgs Erster Bürgermeister der Zeitung "Welt am Sonntag" laut Vorabbericht. "Es kann kein Abkommen geben, das den Ankauf von Steuer-CDs untersagt. Wir müssen dafür sorgen, dass Gesetze eingehalten werden. Das ist ein Gebot der Gerechtigkeit."

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte dagegen dem "Tagesspiegel am Sonntag", die Schweiz habe das Steuerabkommen ratifiziert und sehe keine Möglichkeit, es noch einmal zu verändern.

Das Abkommen sieht eine pauschale, anonyme Nachversteuerung von Schwarzgeld in der Schweiz vor, mit einem Satz zwischen 21 und 41 Prozent. Die Steuerflüchtlinge sollen anonym bleiben und strafrechtlich nicht mehr belangt werden können. Ohne die Stimmen der SPD kann der Vertrag im Bundesrat nicht ratifiziert werden. (dapd/rtr)