Washington. . Der erzkonservative US-Republikaner Todd Akin hat eine Rücknahme seiner Senatsbewerbung wegen umstrittener Aussagen zu Vergewaltigung am Mittwoch abgelehnt. Es sei nicht richtig, wenn Parteichefs den Willen der Wähler im Staat Missouri einfach übergingen, sagte Akin. Damit torpediert er die Wahlkampfstrategie seines Parteifreunds Mitt Romney.

Ann Romney, die resolute Frau des republikanischen Präsidentschaftskandidaten Mitt Romney, nennt ihren Mann gerne und oft bewundernd „Mr. Fix it“. Darunter verstehen Amerikaner einen pragmatischen Problemlöser, der die richtige Lösungen zur Hand hat, wenn der Notstand am größten ist. Todd Akin ist – aus Sicht der republikanischen Partei – so ein Notstand.

Nur Vergewaltiger darf bestraft werden

Aber Romney hat gegen den Parteifreund aus Missouri bisher noch kein Mittel gefunden. Seit der 65-jährige Abtreibungsgegner am Sonntag im Fernsehen die Meinung vertrat, dass es nach einer „ernsthaften Vergewaltigung“ meist nicht zur Schwangerschaft komme, da der weibliche Körper in solchen Fällen Abwehrkräfte mobilisiere, tobt ein Sturm der Entrüstung im Land.

Zumal Akin hinzufügte: Sollte das Opfer dennoch schwanger werden, dürfe nur der Vergewaltiger, nicht aber das ungeborene Leben bestraft werden. Sprich: Abtreibung bleibt ein Tabu.

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Von Dirk Hautkapp

Rasch formierte sich eine Riege prominenter Republikaner inklusive Mitt Romney selbst, die Akin ob seiner „beleidigenden und unentschuldbaren“ Äußerungen zum Rückzug von seiner Kandidatur für den Senat aufforderten.

Akin will keine Ausnahmen bei Abtreibung dulden

Dahinter steht strategisches Kalkül. In Missouri im Mittleren Westen steht die demokratische Amtsinhaberin Claire McCaskill auf der Kippe. Gelingt es, sie und drei weitere Demokraten im Senat bei der Wahl im November zu stürzen, hätten die Republikaner in beiden Kammern des Kongresses die Mehrheit – und könnten im Falle eines Sieges von Romney gegen Obama durchregieren.

Akin lag bis zu seinem Interview aussichtsreich im Rennen gegen McCaskill. Doch jetzt gilt er in Parteikreisen als rotes Tuch für weite Teile der weiblichen Bevölkerung und „unwählbar“.

Der Mann befürwortet nicht nur Abtreibungsverbote im Falle von Vergewaltigung und Inzest. Sondern auch dann, wenn das Leben der Mutter auf dem Spiel steht. Ein klarer Unterschied zu Romney und gemäßigteren Republikanern, die Ausnahmen zulassen wollen; wie übrigens auch 75 Prozent der Amerikaner. Trotz massiven Drängens gibt Akin dem Druck nicht nach: „Ich renne nicht weg bei diesem wichtigen Thema, ich stehe.“

Wähler werden vergrätzt

Die Regisseure des Partei-Konvents in Tampa/Florida, auf dem Mitt Romney am kommenden Donnerstag zum Herausforderer von Präsident Obama ausgerufen wird, fürchten Schlimmstes: Negativ-Schlagzeilen über das Streit-Thema Abtreibung, eine Verengung aufs Soziale und eine liberale Wähler vergrätzende Dominanz der religiösen Rechten. Romney wollte dagegen einen reinen Wirtschafts-Wahlkampf machen und Obama für die hohe Arbeitslosigkeit zur Rechenschaft ziehen.

Vollends durchkreuzt wurde dieser Plan nach Ansicht vieler Beobachter am Dienstagabend. Eine mit 110 republikanischen Hochkarätern besetzte Kommission verabschiedete Richtlinien, die in Tampa als eine Art Parteiprogramm dienen sollen.

Enthalten darin ist ein Verbot der Ehe von Lesben und Schwulen – obwohl mehrere Bundesstaaten dies längst gesetzlich ermöglicht haben. So wie ein strenges Abtreibungsverbot, das auch in Vergewaltigungs- und Inzestfällen gilt oder wenn die werdende Mutter in Lebensgefahr schwebt.

Eins zu eins Akin

„Das ist eins zu eins Todd Akin. Wie will man nun rechtfertigen, dass der Mann weiter gejagt wird?“, ereiferte sich gestern ein Blogger in der „Washington Post“, und bilanzierte: „Ein schöneres Wahlkampfgeschenk konnten die Republikaner Präsident Obama nicht machen.“