Hamburg. . Der Erste Bürgermeister von Hamburg ist Deutschlands einziger Regierungschef, der ohne einen Koalitionspartner regieren kann. Im Interview erklärt der Sozialdemokrat sein Erfolgsrezept und was er vom Ankauf von Steuer-CDs hält.

In Hamburg ist Olaf Scholz Erster Bürgermeister und der einzige Regierungschef des Landes, der nicht auf einen Koalitionspartner angewiesen ist. In der Kanzlerfrage innerhalb der SPD hält er sich dennoch bedeckt.

Herr Scholz, die Debatte in der SPD um den künftigen Kanzlerkandidaten läuft. Wer ist Ihr Favorit?

Olaf Scholz: Über die Kanzlerkandidatur wird später entschieden. So wie wir es verabredet haben.

Andere in Ihrer Partei sind da weniger zurückhaltend.

Scholz: Es gibt keinen Grund, an dem beschlossenen Prozedere etwas zu ändern.

Na gut. Dann verraten Sie uns doch wenigstens Ihr Erfolgsrezept für den Wahlkampf. Immerhin sind Sie aktuell der einzige Ministerpräsident in Deutschland, der mit der absoluten Mehrheit seiner Partei regiert.

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Scholz: Für den Erfolg der SPD in Hamburg sind drei Faktoren ausschlaggebend. Erstens: Das klare Bekenntnis zur heimischen Wirtschaft und das gute, partnerschaftliche Verhältnis zu ihr.
Zweitens: Die feste Überzeugung, dass das Miteinander in der großen Stadt Hamburg funktionieren muss. Wir erreichen dies etwa durch die Beitragsfreiheit für die fünfstündige Kita-Betreuung, ein flächendeckendes, den Wünschen der Eltern entsprechendes Angebot an ganztägiger Betreuung – von den Krippen und Kitas über die Grundschulen bis hin zu allen weiterführenden Schulen. Oder ein Programm für den Bau von 6000 neuen Wohnungen. Wohnen soll auch in Zukunft bezahlbar bleiben. Und jeder, der in Hamburg leben will, soll eine Wohnung finden.

Und der dritte Punkt?

Scholz: Wichtig ist, dass die Regierung professionell arbeitet und dass dies bei den Bürgerinnen und Bürgern auch so ankommt. Ich mache keine Politik für die Bühne, sondern für die Realität.

Solide Arbeit statt Show?

Scholz: Wenn Sie es so ausdrücken wollen – ja.

Herr Scholz, haben Sie eigentlich schon mal ein Angebot aus der Schweiz für eine CD mit deutschen Steuersündern bekommen?

Scholz: Wir haben uns schon einmal am Kauf solcher Daten beteiligt und werden das auch künftig tun, wenn wir es für sinnvoll halten. Auch alle, die gut verdienen, müssen mit ihren Steuern einen entsprechenden Beitrag zum Gemeinwohl leisten. Da geht es um Gerechtigkeit.

Stört es Sie nicht, dass Sie sich dabei zumindest in einer rechtlichen Grauzone bewegen? Die Schweizer sagen, der Ankauf solcher Daten komme Hehlerei und Anstiftung zu Straftaten gleich.

Scholz: Das sehe ich ganz anders. Wir sind der festen Ansicht, dass wir in einem solchen Fall rechtmäßig handeln.

Und was sagen Sie zu dem Vorwurf, mit den Ankäufen würde das Steuerabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz, das die Steuerflucht stoppen soll, sabotiert?

Scholz: Die Ankäufe der Daten sind geboten. Kein Abkommen kann dem entgegenstehen.

Um die klammen Haushaltskassen zu füllen?

Scholz: Auch, aber vor allem weil es gerecht ist.

Sparen wäre ein anderer Ansatz.

Scholz: Deshalb bin ich ja auch ein Anhänger des Schuldenverbots für die Bundesländer. Hamburg hat seine Verfassung geändert und eine Schuldenbremse festgeschrieben. Ab 2020 wird es keine neuen Schulden geben.

Das haben andere Bundesländer auch getan. Aber ist das wirklich durchzuhalten?

Scholz: Das ist nicht einfach, aber wir müssen das schaffen. Nicht allein wegen der überbordenden Verschuldung und der damit verbundenen Last für spätere Generationen. Der Schuldenstopp ist auch ein Gewinn für die Demokratie: Künftig muss jede Ausgabe des Landes öffentlich begründet werden.

Dann begründen Sie doch bitte schon jetzt einmal, warum das millionenschwere Hamburger Prestige-Objekt Elbphilharmonie zu Ende gebaut werden soll, obwohl die Kosten längst aus dem Ruder gelaufen sind und die Eröffnung immer wieder verschoben wird. Pumpen Sie da nicht Geld in ein Fass ohne Boden?

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Scholz: Eine längere und sorgfältigere Planung wäre damals sicher besser gewesen. Ich finde es nachvollziehbar, wenn Bürger die Elbphilharmonie angesichts der Kostenexplosion heute sehr kritisch sehen. Inzwischen ist der Bau aber so weit, dass ein Ausstieg auch finanziell nicht mehr zu vertreten wäre. Und nur am Rande: Ich habe dieses unfertige Projekt von der Vorgängerregierung übernommen.

Also Augen zu und durch?

Scholz: Die Elbphilharmonie wird fertiggestellt. Sie wird ein großartiges Konzerthaus. Aber wir sehen genau aufs Geld.