Düsseldorf. . Während die Abgeordneten die Sommerpause genießen, werkeln Handerker-Teams im Düsseldorfer Landtagsgebäude. Der Plenarsaal wurde entkernt und wird neu aufgebaut. Die Frischluft kommt nun nicht mehr durch den Bodenbelag. Nur eins fehlt weiterhin: genug Platz für alle 237 Abgeordneten und ihre Teams.

Welche drängenden Probleme im Düsseldorfer Landtag ausgesessen wurden, könnten sie am besten erzählen – wenn sie denn erzählen könnten. Die grauen, ­verschlissenen Abgeordnetensessel mussten viel aushalten: das träge Gewicht absoluter Mehrheiten unter Johannes Rau oder das ner­vöse Hin- und Herrutschen rot-grüner Minderheitskoalitionäre.

Jetzt haben sie ausgedient. Nach knapp 25 Jahren werden sie mit dem Umbau des Plenarsaals ausrangiert.

In den freien Verkauf gelangte kein einziger Polsterstuhl, obwohl sich interessierte Bürger dafür ­hatten vormerken lassen. Sämtliche 250 Exemplare wurden zum Stückpreis von 25 Euro von aktuellen und früheren Parlamentariern erworben, die auch daheim nicht auf politisches Mobiliar verzichten wollen. Von ihnen weiß aber keiner, ob er nicht gerade auf dem alten Ministerpräsidenten-Sessel von Peer Steinbrück, Jürgen Rüttgers oder Hannelore Kraft Platz nimmt. Denn die Stühle haben weder Nummern noch Namensschilder.

Nach 5500 Stunden ausgemustert

In diesen Tagen gleicht der Plenarsaal einem Krater. Die Luft schmeckt nach Staub. Das 700 Quadratmeter große Rund wurde komplett entkernt, kaum dass die letzte Sitzung vor der Sommerpause beendet war. Auch die abgenutzten Tische wurden nach 5500 Sitzungsstunden, die das Protokoll seit 1988 vermerkt, abtransportiert. Der gesamte Boden wurde aufgerissen.

Draußen, in der Wandelhalle, wo sich sonst Abgeordnete beraten oder mit Journalisten tuscheln, türmen sich Schienen, Metallplatten und dicke Packen mit Dämm­stoffen. 4,5 Millionen Euro soll die erste Generalüberholung seit der Einweihung des Gebäudes kosten – wenn es denn dabei bleibt.

Klimatechnik war schon bei der Eröffnung ein Thema

Die Klimatechnik, die bereits bei der Inbetriebnahme von einigen Fachleuten belächelt wurden, wird gänzlich ­erneuert. Bisher wurde die Frischluft durch den alten Teppich in den Saal geleitet. „Das mag vielleicht vor 24 Jahren dem Stand der Technik entsprochen haben“, meint Landtagssprecher Florian Melchert, „aber heute sicher nicht mehr.“

Um das Ambiente nicht durch Lüftungsanlagen optisch zu stören, nahm man damals auch das Risiko in Kauf, dass Schadstoffe in den Plenarsaal geblasen wurden. Als Folge wurde von Anfang an reichlich Staub aufgewirbelt – nicht viel anders als in so mancher Parlamentsdebatte. Künftig erfolgt die Klima­tisierung durch Belüftungsschlitze in den Tischen und Wänden. Die aufwändige Konstruktion mit einen völlig neuen Rohr- und Schlauchsystem kostet 1,6 Millionen Euro.

Rednerpult ist künftig auch für Rollstuhfahrer erreichbar

Die meisten der Baufirmen, die in drei Schichten im Landtag schrauben und verkabeln, kommen aus NRW. Bisher ist auch der Weg zum Rednerpult nicht barrierefrei, was nicht nur den beiden Rollstuhl­fahrern in der SPD- und Piraten­fraktion, sondern auch Mitar­beitern des Landtags das Leben ­erschwert. Das widerspricht dem Anspruch eines Landes, das sich ­Inklusion auf die Fahnen schreibt und schwellenlosen Zugang in allen öffentlichen Gebäuden verlangt.

Bis zum 12. September, wenn nach den Ferien die Auftaktsitzung mit der Regierungserklärung von Hannelore Kraft ansteht, muss der Plenarsaal behindertengerecht ­umgebaut sein. Das Rednerpodium wird absenkbar. „Wir liegen im Zeitplan“, versichert Melchert. Auch die Mikrofonanlage wird erneuert.

Der letzte Anbau reicht schon wieder nicht mehr

Die neuen grauen Ledersessel für die Abgeordneten werden auf ein stählernes Schienensystem montiert, um die Sitzordnung im Plenum künftig leichter einer veränderten Fraktionsstärke anpassen zu können. An der Enge im Parlaments­gebäude wird aber auch das nichts ändern. Kaum zwei Jahre nach der Erweiterung mit dem 11,6 Millionen teuren Anbau platzt der Landtag schon wieder aus allen Nähten. Durch Überhang- und Ausgleichsmandate bei der Wahl im Mai stieg die Zahl der Abgeordneten um 56 auf 237 – nur Anfang der 90er Jahre waren es mehr (239). Sie alle beanspruchen eigene Büros.

Und nachdem der Landtag ­gerade erst Beschäftigte aus extern angemieteten Büroräumen ins Haus geholt hatte, um Zeit und Geld zu sparen, mussten jetzt 20 Mitarbeiter der IT-Abteilung wieder ausziehen. Sie arbeiten künftig am Düsseldorfer Fürstenwall.