Damaskus/Athen. . In der syrischen Wirtschaftsmetropole könnte sich der Aufstand gegen Assad entscheiden. Für die Türkei könnte der Konflikt in Syrien ganz andere Folgen haben. Die kurdische Arbeiterpartei PKK versucht offenbar in Norden Syrien Stützpunkte zu errichten.

Aleppo droht „die Mutter aller Schlachten“. So bezeichnet die syrische regierungsnahe Zeitung „Al Watan“ die Kämpfe in der ­Wirtschaftsmetropole zwischen der syrischen Armee und den Aufständischen. Bereits am Freitag gab es in Erwartung einer Großoffen­sive der Armee erste Gefechte. Aus Helikoptern beschoss das Militär mehrere Stadtviertel, in denen sich bis zu 4000 Aufständische bereit hielten, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit.

Türkei droht mit Intervention

Während Assad zuletzt neue Truppen nach Aleppo bringen ließ, bereiten sich die Aufständischen auf den womöglich entscheidenden Kampf vor. Mit Sandsäcken, Fahrzeugen und anderen Materialien bauen sie im südwest­lichen Viertel Salaheddin Straßensperren. In den Kellern von Schulen und Moscheen ent­stehen Notlazarette zur Versorgung Verletzter.

Schon seit Tagen lässt Staatschef Assad die Rebellen in Aleppo durch die Armee aus der Luft mit Kampfhubschraubern und Jets sowie mit Panzern am Boden attackieren. Täglich sterben dutzende Zivilisten. Wer kann, schließt sich dem nicht endenden Flüchtlingsmarsch aus der Stadt an. Aus Salaheddin wurden nach Angaben der Rebellen inzwischen alle Zivi­listen in Sicherheit gebracht.

Für die Türkei bekommt der Bürgerkrieg im benachbarten Syrien eine neue, brisante ­Dimension: Die militante kurdische Arbeiterpartei PKK schickt sich offenbar an, im Norden Syriens, nahe der Grenze zur Türkei, Fuß zu ­fassen und Stützpunkte zu errichten – mit ­Billigung des syrischen Staatschefs.

Die Türkei habe ein „natürliches Recht auf Intervention“, wenn Terrorgruppen in Syrien zu einer Bedrohung für sein Land würden, sagte Ministerpräsident Tayyip Erdogan in einem ­TV-Interview. Türkische Geheimdienste hätten Erkenntnisse, wonach das Assad-Regime den Norden des Landes, der an die Türkei grenzt, der PKK sowie ihrer syrischen Teilorganisation PYD „anvertraut“ habe, sagte Erdogan.

PKK macht sich Syrien-Krieg zu Nutze

Die PKK kämpft seit 1984 gegen den tür­kischen Staat. In dem Konflikt, der sich vor ­allem auf den Südosten des Landes und damit die Grenzregionen zum Irak und zu Syrien ­konzentriert, sind mehr als 40 000 Menschen ums Leben gekommen.

Nun geht in Ankara die Sorge um, die PKK könnte versuchen, den Konflikt in Syrien zu nutzen, um gemeinsam mit syrischen und ira­kischen Kurden einen gemeinsamen Staat ­anzustreben, dem sie auch große Teile der ­Südosttürkei einverleiben möchte. Erdogan sagte, man beobachtete die Entwicklung in Nordsyrien sehr aufmerksam. „Wir werden keine imaginären Landkarten tolerieren, die von der PKK und der PYD in Umlauf gebracht werden.“ Der türkische Premier unterstrich: „Dies ist eine sensible Gegend – wir werden keine Zusammenarbeit der PKK mit anderen Organisationen in der Region tolerieren.“

Die Türkei hat in dieser Woche alle Grenzübergänge zu Syrien für den Personen- und Güterverkehr geschlossen, lässt aber Flüchtlinge aus Syrien weiterhin ins Land. In den vergangenen Tagen haben sich zunehmend syrische Diplomaten, ranghohe Militärs und erstmals auch eine Abgeordnete des im Mai gewählten Parlaments aus Syrien in die Türkei abgesetzt. Die syrische Opposition hat inzwischen in der Türkei ihre wichtigste Exil-Basis. Angeblich werden über die türkische Grenze auch syrische Aufständische mit Waffen versorgt, die vor allem aus Saudi-Arabien und Katar stammen sollen. Die Türkei dementiert das allerdings. (mit afp)