Damaskus. Die syrische Militärführung hat nach den Worten eines ranghohen Überläufers Chemiewaffen aus den Lagern geholt, um sie für den Einsatz vorzubereiten. “Sie haben sie aus dem Lagern geholt und an andere Standorte verlegt“, sagte General Mustafa Scheich am Samstag. Scheich war bereits im Januar desertiert und befindet sich derzeit in der Türkei.

In der syrischen Hauptstadt Damaskus dauern die verlustreichen Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Aufständischen an. Die Armee griff am Samstag Berichten von Einwohnern zufolge Stellungen der Rebellen mit Hubschraubern und Panzern an. Einen Tag nach der Verlängerung des Mandats von Beobachtern der Vereinten Nationen (UN) kündigte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon die Entsendung eines Vertreters nach Syrien an. Erneut kündigten zwei Generale Präsident Baschar al-Assad die Gefolgschaft auf und flohen in die Türkei. Ein im Januar desertierter General warnte vor dem Einsatz von chemischen Waffen in Syrien.

Hubschrauber feuerten Raketen ab, Panzer nahmen das Zentrum von Damaskus ins Visier, wie Einwohner berichteten. Vier Tage nach dem tödlichen Anschlag auf vier der engsten Mitarbeiter Assads versuchten die Regierungstruppen, Geländegewinne zu machen. "Das Regime war die letzten drei Tage ohne Führung. Aber die Luft- und Bodenangriffe in Damaskus und den Vororten zeigen, dass es seine Schlagkraft nicht verloren hat und sich neu aufstellt", sagte ein Oppositioneller.

Familien fliehen aus der Stadt Aleppo

Heftige Kämpfe wurden auch aus der nord-syrischen Stadt Aleppo gemeldet. Hunderte Familien seien aus der Drei-Millionen-Metropole geflohen, berichteten Einwohner. Panzer und gepanzerte Fahrzeuge rückten auf ein Viertel vor, das zwei Tage in der Hand der Rebellen war.

Die in Großbritannien ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte nannte den Donnerstag und den Freitag wegen des gewaltsamen Todes von 550 Menschen die beiden verlustreichsten Tage seit Beginn des Volksaufstands gegen Assad vor bald eineinhalb Jahren. Während ihrer Offensive brachten die Rebellen auch drei Grenzübergänge zum Irak und zur Türkei unter ihre Gewalt. Am Übergang Bab al-Hawa erlaubten Kämpfer die Plünderung eines Ladens für zollfreie Waren, der zum Imperium eines Assad-Cousins gehört.

UN-Generalsekretär Ban kündigte an, wegen der besonders kritischen Lage solle der für die Friedenseinsätze der Weltorganisation zuständige Herve Landsous das Kommando über die 300 unbewaffneten UN-Beobachter übernehmen. Deren Mandat hatte der UN-Sicherheitsrat für weitere 30 Tage verlängert.

Desertierter General erwartet Einsatz chemischer Waffen

Die Desertion syrischer Generale dauert an. Nach türkischen Angaben flohen erneut zwei Spitzenmilitärs ins Nachbarland. Mit ihnen seien mehrere Oberste und weitere Offiziere gekommen. Ein anderer übergelaufener General befürchtet, dass Assad chemische Waffen einsetzen könnte. Die Führung in Damaskus treffe entsprechende Vorbereitungen, sagte Mustafa Scheich der Nachrichtenagentur Reuters.

Er berief sich auf Geheimdienst-Erkenntnisse der Rebellen. "Sie wollen das Land in Brand setzen. Das Regime kann nicht stürzen, ohne ein Blutbad anzurichten", fügte der General hinzu. Seine Angaben können nicht von unabhängiger Seite überprüft werden. Die syrische Regierung bestreitet die Verlegung der C-Waffen.