Berlin. . Die Affäre um vernichtete Akten im Fall der Zwickauer Neo-Nazis hat personelle Konsequenzen: Der Chef des Verfassungsschutzes Heinz Fromm hat seinen Rücktritt angeboten. Bundesinnenminister Friedrich entspricht dem Wunsch.
Der Abgang von Verfassungsschutzpräsident Heinz Fromm ist aus Sicht von Grünen und Linken nur ein Bauernopfer. Der Skandal um die schleppende Aufklärung der NSU-Terrorserie sei damit keinesfalls erledigt, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, Volker Beck, am Montag in Berlin. Die Struktur der Geheimdienste und von Fromms Behörde stünden "nun grundsätzlich zur Debatte". Die Linke bilanzierte: "Die Fragen und Probleme bleiben."
Fromm räumt seinen Posten nach zwölf Jahren an der Spitze des Inlandsgeheimdienstes geht zum 31. Juli in den Ruhestand. Einem entsprechenden Antrag Fromms gab Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) am Montag statt. Fromms Behörde war wegen zahlreicher Pannen bei den Ermittlungen gegen die Neonazi-Zelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) in die Kritik geraten.
FDP nennt Fromms Rückzug "ehrenwerten Schritt"
Der SPD-Innenexperte Michael Hartmann lobte, dass Fromm "als verantwortungsbewusster und erfolgreicher Chef" jetzt Verantwortung übernehme. "Damit darf aber die Aufarbeitung der Fehler und des Versagens bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus nicht beendet werden." Ein Personalwechsel allein bringe noch nicht die erforderlichen Reformen an Haupt und Gliedern.
Der FDP-Innenexperte Hartfrid Wolff nannte den Rückzug einen ehrenwerten Schritt. Es liege aber die Vermutung nahe, dass "hinter der Aktenvernichtung mehr steckt, als wir schon wissen", sagte er der Nachrichtenagentur dapd.
"Der Verfassungsschutz hat nicht nur Fehler gemacht, er ist der Fehler."
Die Linke-Innenexpertin Petra Pau erinnerte daran, dass Fromm am Donnerstag als Zeuge dem NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags steht. Dort werde er sich der Frage stellen müssen, "warum der Rechtsextremismus so tödlich unterschätzt wurde".
Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, bilanzierte: "Der Verfassungsschutz hat nicht nur Fehler gemacht, er ist der Fehler." Die nun bekannt gewordene Vernichtung von Akten zum V-Leute-Einsatz in der Neonaziszene sei nur das i-Tüpfelchen in einer Kette von Skandalen. "Der eigentliche Skandal ist der Einsatz dieser Verfassungsschutzspitzel selbst. Denn durch die V-Leute der Geheimdienste werden Nazikameradschaften gegründet oder personell und finanziell unterstützt." Sie verlangte sie Auflösung der "demokratisch nicht zu kontrollierenden" Verfassungsschutzämter.
"Nicht ausreichend um NSU-Trio gekümmert"
Der Grünen-Politiker Christian Ströbele nannte Fromms Rücktritt konsequent. "Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat schwere Fehler gemacht und Schuld auf sich geladen", sagte er der "Welt". Fromm trage "mindestens" die politische Verantwortung. Die jetzt bekannt gewordene Vernichtung von sieben Akten sei nicht einmal das schlimmste Versagen des Bundesamtes. "Schwerer wiegt, dass der Dienst sich ab 2003 offenbar nicht mehr ausreichend um das NSU-Trio gekümmert hat."
Die Thüringer NSU-Ausschussvorsitzende Dorothea Marx begrüßte den Rücktritt Fromms. "Das findet meine Anerkennung und meinen Respekt", sagte die SPD-Politikerin der Nachrichtenagentur dapd in Erfurt. Das Vertuschen und Mauern müssen endlich aufhören. (dapd)