Essen/Stuttgart. Wer erschoss 1977 Siegfried Buback? Dieses jahrealte Rätsel könnte gelöst werden, wenn die Ex-Terroristin Verena Becker tatsächlich aussagt. Vor allem der Sohn des Mordopfers, Michael Buback, erhofft sich ein wenig Klarheit von der Aussage. Verteidiger: „Sie wird 15 bis 20 Minuten sprechen.“

Eineinhalb Jahre saß sie in diesem Prozess, ohne viel mehr preiszugeben als ihre persönlichen Daten. Nun, völlig überraschend und kurz vor Ende des Verfahrens, kündigt die ehemalige RAF-Terroristin Verena Becker an, Mitte Mai eine umfassende Erklärung abzugeben. Wird diese nun endlich die Frage klären, wer im April 1977 den damaligen Generalbundesanwalt Siegfried Buback erschoss?

80 Verhandlungstage

Nicht nur die Ermittler erhoffen sich Klarheit in einem der bis heute ungelösten RAF-Mordfälle, sondern vor allem wohl einer. Unermüdlich sitzt Michael Buback, Sohn des Ermordeten, an bald jedem der inzwischen über 80 Verhandlungstage Verena Becker im Stuttgarter Oberlandesgericht gegenüber. Er ist davon überzeugt, dass die 59-jährige Angeklagte jene Person war, die am 7. April 1977 als Beifahrerin auf dem Motorrad saß, von dem aus sein Vater mit mindestens 15 Schüssen niedergestreckt wurde. Außer Buback wurden damals auch dessen Fahrer Wolfgang Göbel und der Justizwachtmeister Georg Wurster getötet.

Doch es ist fraglich, ob Verena Becker so weit gehen wird, den Tod Bubacks aufzuklären, oder ob sie lediglich eine Aussage zu den Beschuldigungen gegen sich selbst machen wird. 15 bis 20 Minuten werde Frau Becker sprechen, kündigte deren Verteidiger Hans Wolfgang Euler gestern an. Gegenüber Spiegel-online erklärte er, sie werde „Ja oder Nein“ sagen. Sie wolle einiges, was im Verfahren geäußert wurde, nicht so stehen lassen.

2007 entdeckte die Polizei Beckers DNA

Verena Becker ist bereits 1977 zu lebenslanger Haft verurteilt worden, weil sie bei ihrer Festnahme nach dem Buback-Mord auf Polizisten geschossen hatte. Obwohl die Tatwaffe damals bei ihr gefunden worden war, fehlte es an Beweisen, sie deshalb anzuklagen.

2007 jedoch, bei neuen Untersuchungen, entdeckte die Polizei ihre DNA auf dem Bekennerschreiben sowie handschriftliche Notizen, die sich wie ein Tateingeständnis lesen. Auch hatte sie einen Brief an „Herrn Buback junior“ geschrieben, wie sie dem Haftrichter erzählt, doch auf Anraten ihres Anwalts habe sie ihn nicht abgeschickt.

Die Bundesanwaltschaft wirft Becker vor, maßgeblich an der Entscheidung und Planung des Anschlages beteiligt gewesen zu sein. Bis auf den früheren Terroristen Peter-Jürgen Boock, dem Hauptbelastungszeugen gegen Becker, haben sämtliche ehemalige RAF-Leute, die als Zeugen geladen waren, geschwiegen. Eigentlich sollte der Prozess Ende Mai beendet werden. „Jetzt ist alles wieder offen“, erklärte Gerichtssprecher Matthias Merz.