Paris. Erneuter Erfolg für Francois Hollande: In der ersten Runde der Parlamentswahlen erreichte das linke Lager eine deutliche Mehrheit. Die Sozialisten, zu denen auch Hollande gehört, kommen mit ihren Verbündeten auf knapp 47 Prozent der Stimmen - womöglich reicht das gar für eine absolute Mehrheit in der Nationalversammlung.
Einen Monat nach seinem Triumph über Nicolas Sarkozy darf Frankreichs neuer Präsident Francois Hollande auf eine linke Mehrheit in der Nationalversammlung hoffen. Sogar eine absolute Mehrheit wird nicht ausgeschlossen. Nach der ersten Runde der Parlamentswahl in Frankreich vom Sonntag kamen Präsident François Hollande und seine Verbündeten aus dem linken Lager laut dem amtlichen Endergebnis gemeinsam auf 46,77 Prozent der Stimmen. Sie können auf bis zu 329 Parlamentssitze hoffen. Die absolute Mehrheit in der 577 Sitze zählenden „Assemblée Nationale“ liegt bei 289 Mandaten.
Die konservative UMP von Ex-Präsident Nicolas Sarkozy und ihre Verbündeten rutschten auf 34,07 Prozent ab. Die rechtsextreme Front National (FN) erzielte 13,6 Prozent. Die Linksfront unter Führung von Jean-Luc Mélenchon, die kein Bündnis mit Hollandes Sozialisten einging, kam auf 6,9 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 57 Prozent.
Linkes Lager darf auf bis zu 329 Sitze hoffen
Jüngsten Hochrechnungen der Meinungsforschungsinstitute zufolge kommen die Sozialisten und ihre verbündeten Parteien auf 283 bis 329 Sitze in der Nationalversammlung. Das konservative Lager kommt demnach auf 210 bis 263 Sitze. Die Abgeordneten der Rechtsextremen und der Zentrumspartei erhalten den Instituten zufolge jeweils null bis drei Sitze.
Die linke Parlamentsmehrheit setzt sich den Prognosen zufolge zusammen aus den Sitzen von Hollandes „Parti Socialiste“ (PS), den Mandaten der Grünen sowie den Sitzen des linksradikalen „Front de Gauche“ unter Führung des linken Volkstribuns Jean-Luc Mélenchon.
Sorgenfrei wird das Regieren für Hollande nicht
„Das ist zwar keine rote Welle, aber eine Unterstützung für Francois Hollande“, kommentierte PS-Parteichefin Martine Aubry den Ausgang der ersten Runde. Die linke Allianz erreichte in der ersten Runde zusammen 47 Prozent, das entspricht einer einfachen Mehrheit. Sorgenfrei wird das Regieren für Francois Hollande und seinen sozialistischen Premierminister Jean-Marc Ayrault dadurch allerdings nicht unbedingt. Denn die Gegensätze zwischen Hollandes PS und Mélenchons Linksfront sind so groß, dass in den nächsten fünf Jahren reichlich Streit vorprogrammiert wäre.
Mélenchon gilt als Europaskeptiker und entschiedener Gegner des EU-Stabilitätspaktes. Der Sparpolitik Hollandes erteilt er eine strikte Absage. Zwischen PS und Grünen indes herrscht – vom Gegensatz über die Zukunft der Kernenergie abgesehen – weitgehende Übereinstimmung. Ein schwerer Dämpfer für Mélenchon ist seine schmerzhafte Niederlage gegen Marine Le Pen. Im nordfranzösischen Wahlkreis Hénin-Beaumont siegte die FN-Präsidentin deutlich mit 42 Prozent vor dem PS-Kandidaten und dem weit abgeschlagenen Mélenchon.
Endgültige Klarheit erst nach der Stichwahl am kommenden Sonntag
Endgültige Klarheit über die Machtverteilung in der neuen Nationalversammlung besteht erst nach der Stichwahl am kommenden Sonntag. Da nur wenige der 6605 Kandidaten in Runde 1 die erforderliche absolute Mehrheit in ihrem Wahlkreis geschafft haben, muss ein zweiter Wahlgang für Klarheit sorgen. Dann reicht die einfache Mehrheit. Das französische Mehrheitswahlrecht führt zu einer starken Beteiligung des rechtsextremen „Front National“. Obwohl die Partei von Marine Le Pen bei der Präsidentenwahl sensationelle 17,9 % erzielte und auch bei der Parlamentswahl wieder dritte Kraft wurde, kann sie allenfalls mit zwei Parlamentssitzen rechnen.
So groß die Anspannung in den Parteizentralen, so gering das Interesse der Wahlberechtigten. Über 40 Prozent der 46 Millionen Stimmberechtigten hatten an diesem Sonntag anderes zu tun, als ins Wahllokal zu gehen. Über 40 Prozent Wahlenthaltung – das ist ein Rekordwert in der Geschichte der V. Republik. Zum Vergleich: Bei der Präsidentenwahl vor gut einem Monat machten noch über 81 Prozent ihr Kreuzchen auf dem Stimmzettel. (mit Material von afp)