Washington. . Nach dem zweiten Massaker an Zivilisten besteht die Gefahr, dass sich die Kämpfe zum Bürgerkrieg ausweiten und auf den Libanon übergreifen. Deutschland setzt im Syrien-Konflikt weiterhin auf Gespräche. Die USA erhöhen unterdessen den Druck auf Russland.
Nach einem zweiten Massaker an Zivilisten in Syrien verstärken die USA den Druck auf Russland, einem baldigen Abdanken von Präsident Baschar Al-Assad nicht länger im Weg zu stehen. Eine militärische Lösung kommt aus Sicht des Weißen Hauses vorläufig weiter nicht in Betracht.
In Verhandlungen in New York und Moskau, berichten mehrere US-Medien, soll die Frage erörtert werden, wie ein „politischer Übergangsprozess und das Ende von Assad“ eingeleitet werden kann. Bisher hatten Russland und China im UN-Sicherheitsrat allen einseitigen Sanktionen gegen das Regime in Damaskus eine Absage erteilt.
Blauhelme wurden beschossen
Aus Sicht von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon stellt der Zwischenfall am Mittwoch, bei dem 78 Menschen, darunter Frauen und Kinder, durch regierungstreue Milizen ums Leben gekommen seien, eine „unaussprechliche Barbarei“ dar. UN-Blauhelm-Soldaten, die den Schauplatz der Tragödie in der Provinz Hama in Augenschein nehmen wollten, wurden am Donnerstag beschossen.
Ban Ki Moon wie der Sonderbeauftragte Kofi Annan betonten vor den Vereinten Nationen in New York in außergewöhnlich emotionaler Weise, dass sich Syrien auf dem Weg in den Bürgerkrieg befinde und ein Übergreifen auf Nachbarländer wie Libanon nicht mehr ausgeschlossen werden könne. Syrien sei nicht Libyen, sagte Annan. „Es würde nicht implodieren, es würde explodieren und die gesamte Region mitreißen.“
Direkte Verhandlungen
Gemeinsam mit den Regierungen in Washington und mehreren europäischen Hauptstädten, darunter Berlin, forderten Ban Ki Moon und Annan zusätzliche Schritte, um den bislang nicht funktionierenden Friedensplan umzusetzen. So soll in Kürze eine internationale Kontaktgruppe direkt die Verhandlungen mit dem Assad-Regime aufnehmen. Dazu sollen Amerika, China, Russland, England, Frankreich sowie einflussreiche Anrainer-Staaten wie die Türkei, Saudi-Arabien und der Iran gehören. Washington will Teheran nicht dabei haben, weil es „Teil des Problems“ sei. Moskau besteht auf Einbindung des Iran.
Bei dem jüngsten Massaker an Zivilisten in Al-Kobeir wurden die mindestens 78 Opfer mit Messern verstümmelt, hieß es. Die syrische Opposition machte die regierungstreuen Schabiha-Milizen des Präsidenten verantwortlich. Die Regierung sagt, der Terror werde von außen ins Land getragen. Bereits am 25. Mai waren in Hula über 100 Zivilisten getötet worden.
Berlin setzt auf Sanktionen
Aus Sicht der Bundesregierung sind Sanktionen ein Mittel, um den Druck Assad zu verstärken. Dazu sei aber ein geschlossenes Vorgehen nötig. Derzeit könne sich Assad noch unter „chinesisch-russischen Schutz wähnen“, so Diplomaten. Beide Länder blockieren im UN-Sicherheitsrat ein energischeres Vorgehen. Russland ist rhetorisch von Assad aber abgerückt. Man sei nicht mit ihm „verheiratet“, zitiert die New York Times einen russischen UN-Diplomaten.