Berlin. . Der Bundestag hat die Organspende neu geregelt. Künftig wird jeder Bürger ab 16 Jahren gefragt, ob er nach seinem Hirntod Organe spenden möchte. Die WAZ beantwortet die wichtigsten Fragen.
Rund 12 000 schwer kranke Menschen warten in Deutschland auf eine neues Organ. Doch viele Betroffene müssen sterben, während sie auf der Warteliste stehen. Gestern hat der Bundestag die Organspende neu geregelt. Künftig wird jeder Bürger ab 16 Jahren gefragt, ob er nach seinem Hirntod Organe spenden möchte. So soll die Anzahl der Spenderorgane steigen.
Warum war eine Reform notwendig?
Jeden Tag sterben drei Personen, weil sie nicht rechtzeitig ein Organ erhalten. Zudem ist die Zahl der Spender zurückgegangen, von 1296 in 2010 auf 1200 im Folgejahr. Dabei würden 74 Prozent der Bürger nach ihrem Tod ihre Organe weitergeben. Doch nur 25 Prozent haben einen Spendeausweis.
Was ändert sich für die Bürger?
Bisher war die Organspende möglich, wenn man einen Spendeausweis hatte oder die Angehörigen zugestimmten. Daran ändert sich im Grundsatz nichts. Neu ist, dass die Krankenkassen alle Bürger ab 16 regelmäßig fragen, ob sie ihre Organe im Falle des Hirntodes spenden wollen. Das soll in diesem Jahr beginnen. Danach erfolgt die Befragung im Zweijahrestakt und ab 2017 alle fünf Jahre.
Zahl der Organspender
Die Zahl derjenigen, die nach ihrem Tod Organe gespendet und damit schwer kranken Menschen geholfen haben, ist 2011 im Vergleich zum Vorjahr um 7,4 Prozent gesunken.
1200 Organspenden konnten 2011 bundesweit durchgeführt werden. Das sind 96 Spender weniger als 2010.
Die Zahl der Organspender pro eine Million Einwohner ist damit von 15,9 auf 14,7 zurückgegangen. Allein die Region Ost verzeichnet mit einer Steigerung von 7,1 Prozent eine positive Entwicklung.
Folgerichtig ist auch die Zahl der gespendeten Organe von 4205 auf 3917 um knapp 7 Prozent zurückgegangen. Konnte in 2010 noch 4326 Menschen mit einer Transplantation von Organen aus dem Eurotransplant-Verbund geholfen werden, waren es in 2011 mit 4054 deutlich weniger.
Bundesweit warten immer noch rund 12 000 Patientinnen und Patienten auf ein lebensrettendes Organ.
(Zahlen: Deutsche Stiftung Organtransplantation, DSO)
Dazu verschicken die Kassen Infomaterial und einen Spendeausweis. Auch die Behörden sollen Broschüren aushändigen, wenn sie Pässe oder Ausweise ausgeben. Nach der Entscheidungslösung, die die erweiterte Zustimmungslösung ersetzt, kann sich der Bürger für oder gegen eine Organspende aussprechen. Er darf sich aber auch ausdrücklich nicht entscheiden. Möglich ist auch, nur der Entnahme bestimmter Organe zuzustimmen. Generell kann man Niere, Leber, Herz, Lunge, Pankreas und Dünndarm transplantieren.
Wo werden die Daten über die Spendebereitschaft gespeichert?
Zunächst im Organspendeausweis. Später sollen die Daten auch auf der neuen Generation der elektronischen Gesundheitskarte stehen. Das ist voraussichtlich erst ab 2016 oder 2017 möglich. Die Krankenkassen werden aber kein Recht erhalten, diese sensiblen Daten zu lesen.
Verbessert sich die Absicherung für die Lebendspender?
Ja. Sie haben jetzt bei der Kasse des Organempfängers Anspruch auf Bezahlung der Kosten von Vor- und Nachbehandlung, Klinikaufenthalt, Rehabilitation, Krankengeld und eine sechswöchige Lohnfortzahlung.
Was ändert sich im Krankenhaus?
Künftig muss jede Klinik, die Organe entnimmt, einen Transplantationsbeauftragten haben. Er soll mögliche Spender melden, den Sendeprozess koordinieren und mit den Angehörigen reden. Spanische Kliniken machen es längst so – offensichtlich mit Erfolg. Während es in Deutschland vor wenigen Jahren nur 15,8 Spender pro Million Einwohner gab, waren es dort 32.