Berlin. Am Freitag entscheidet der Bundestag über den Gesetzesentwurf zur Neuregelung der Organspende in Deutschland. Vorab gibt es Kritik von den Grünen. Sie fürchten, dass sensible Daten von Organspendern und -empfängern an die Industrie weitergegeben werden können. Das Gesundheitsministerium beruhigt.

Kurz vor der Bundestagsabstimmung über die Neuregelung zur Organspende haben die Grüne erneut Details des Gesetzentwurfs kritisiert. Die Grünen-Expertin Elisabeth Scharfenberg warnte im "Tagesspiegel" vom Donnerstag vor einer möglichen Weitergabe von Organspender-Daten an die Industrie. Dadurch könnten "hochsensible Informationen" über Organspender und -empfänger, etwa über deren Lebensweise oder ihre Vorerkrankungen, in die Hände der kommerziell arbeitenden Industrie gelangen.

Hintergrund ist ein Passus im Gesetzentwurf, wonach personenbezogene Organspenderdaten auch ohne Einwilligung der Betroffenen für Forschungszwecke an die Pharmaindustrie weitergegeben werden dürfen. Voraussetzung ist, dass "das öffentliche Interesse an der Durchführung des Forschungsvorhabens die schützenswerten Interessen der betroffenen Person überwiegt und der Forschungszweck nicht auf andere Weise zu erreichen ist".

Mehr Forschung soll Nebenwirkungen verringern

Das Gesundheitsministerium weist die Bedenken dagegen zurück. Es gehe nicht um die Kommerzialisierung von Daten, sagte eine Sprecherin der Zeitung. Allerdings gebe es ein starkes Interesse, die teilweise schweren Nebenwirkungen der lebenslang zu nehmenden Medikamente nach einer Transplantation durch mehr Forschung zu verringern.

Der Bundestag entscheidet am Freitag über einen fraktionsübergreifenden Gesetzentwurf zur Einführung einer so genannten Entscheidungslösung. Der Entwurf sieht vor, dass jeder Bürger künftig regelmäßig von der Krankenkasse informiert und befragt wird, ob er im Falle seines Todes zur Organspende bereit ist. Die Antwort kann auf einem Spenderausweis, aber auch auf dem Personalausweis, oder dem Führerschein vermerkt werden. Einen Zwang zur Entscheidung gibt es aber nicht.

Bislang werden Bürger nicht gezielt nach ihrer Bereitschaft befragt. Als Organspender kommt nur in Frage, wer aus eigenem Antrieb heraus einen Organspendeausweis hat.

12.000 Menschen in Deutschland warten auf ein Spenderorgan

In einer zweiten Stufe, möglicherweise ab 2017, sollen Krankenversicherte ihre Organspendebereitschaft auch auf der elektronischen Gesundheitskarte vermerken lassen können. Grüne und Linkspartei haben dies wegen datenschutzrechtlicher Bedenken kritisiert. Die Linken bemängeln zudem, dass die Reform des Transplantationsgesetzes keine Verbesserungen bei der Transparenz und Kontrolle von Organspenden schaffe.

Derzeit warten rund 12.000 Patienten in Deutschland auf ein Organ, jährlich gibt es aber nur knapp 1400 Spenden. Die Vorsitzende des Bundestags-Gesundheitsausschusses, Carola Reimann (SPD) dämpfte die Erwartungen an schnelle Erfolge der Neuregelung. "Ich erwarte nicht, dass die Zahl der realisierten Organspenden rasch ansteigt", sagte sie der "Braunschweiger Zeitung" vom Donnerstag. Wenn aber mehr Menschen bereits zu Lebzeiten eine Organspende-Entscheidung träfen, bedeute dies eine große Entlastung für die Angehörigen, die bisher mit solchen Fragen häufig völlig überfordert seien. (afp)