Berlin. . Schon im November hatte sich Dietmar Bartsch festgelegt. Er will für den Linken-Vorsitz kandidieren. Seinen schärfsten Widersacher hat er ausgesessen. Jetzt gibt's neue Konkurrenz: Katja Kipping und Katharina Schwabedissen. Letztere hat eine Doppelspitze mit Bartsch ausgeschlossen.
Die Kandidatin für den Linken-Parteivorsitz, Katharina Schwabedissen, will keine Doppelspitze mit Bundestagsfraktionsvize Dietmar Bartsch bilden. Das habe sie bereits vor einem halben Jahr ausgeschlossen, sagte die bei der NRW-Wahl gescheiterte Spitzenkandidatin am Donnerstag im ARD-"Morgenmagazin".
Ihr gehe es darum, die Partei zusammenzuführen und "Schluss damit zu machen, dass die Pole aufeinanderprallen". Bartsch sei aber ein Vertreter eines von zwei Flügeln, die als polarisierend wahrgenommen werden, sagte sie.
Kipping und Schwabedissen stehen für einen anti-autoritären Führungsstil und für ein Ende des Machtkampfs ohne Sieger und Besiegte. Mitstreiter Lafontaines wie der amtierende Parteichef Klaus Ernst und Fraktionsvize Ulrich Maurer sind hingerissen. Lafontaine wollte antreten, aber nicht gegen Bartsch. Am Dienstag gab er dann klein bei, aber um einen Neuanfang „jenseits der bisherigen Konfrontationslinien“ zu ermöglichen. Kurzum: Er will Bartsch aufhalten. Die Frauen kommen da gerade recht.
Obgleich zur Aufgabe gedrängt, ist es gut möglich, dass Bartsch auf dem Parteitag am 2. und 3. Juni in Göttingen antritt und gewinnt. Nur was? Auf jeden Fall keinen innerparteilichen Frieden. Zwei Männer, zwei Lager stehen sich unversöhnlich gegenüber, im Übrigen auch für unterschiedliche Strategien. Lafontaine hält an einem Kurs der Fundamentalopposition fest, eine Linie, die im Westen ihre Anhänger hat - Bartsch will die Partei stärker in die Verantwortung führen, in die Nähe von Grünen und SPD. Das Verhältnis von Lafontaine zu seiner Ex-Partei ist ein weites Feld - mit viel verbrannter Erde.
Scheitern an Fünf-Prozent-Hürde führte zum Umdenken
Wer in Göttingen das Rennen macht, der müsse wichtige Teile der Partei zusammenführen, mahnt Fraktionschef Gysi. Wie bindet man Bartsch ein? Und Lafontaine? Der zog sein Angebot zurück, „bundespolitische Aufgaben zu übernehmen“. Streng genommen, steht er weder für den Vorsitz noch als Spitzenkandidat bereit, ausgerechnet Oskar, das Zugpferd der Partei.
Das war die Stunde, als Gysi auf den Plan trat. „Ich hatte die Frauen gebeten, sich einzubringen“, erzählt er. Erst meldete sich die Abgeordnete Sabine Zimmermann, die mit Lafontaine wie mit Bartsch antreten würde, am Mittwoch nun Schwabedissen und Kipping. „Wir wissen, dass unser Vorhaben mutig ist“, so Schwabedissen und Kipping, „aber wir wollen damit auch Mut machen“. Schwabedissen musste sich wohl erst mal selber Mut machen. Noch vor der NRW-Wahl hatte sie jedes Interesse am Bundesvorsitz geleugnet. Das Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde und die Zuspitzung in Berlin hätten ein Umdenken bewirkt, sagte sie der WAZ Mediengruppe. Kipping und Schwabedissen, die zum linken Flügel zählen, betrachten sich als Kollektiv: „Wir bieten eine Alternative an, einen dritten Weg“. Sie kandidierten nicht gegen Bartsch oder Lafontaine, sondern „für ein anderes Modell“. Ungeklärt bleibt vorerst auch, was passiert, wenn nur eine der beiden Frauen beim Parteitag gewählt wird.
Ist Merkel zu „männlich“?
Zwar wolle das Duo „patriarchalische Strukturen“ in ihrer Partei aufbrechen, sagt Schwabedissen, aber: „Nicht alle Frauen machen alles anders, und nicht alle Männer machen alles falsch“. Den „extrem autoritären und wenig integrativen“ Politikstil von Kanzlerin Angela Merkel etwa hält die Wittenerin eher für männlich. So etwas passe doch nicht mehr ins 21. Jahrhundert.
Unterschiedliche Schwerpunkte in Ost und West sieht Schwabedissen nicht. „Soziale Ungerechtigkeit oder Euro-Krise treffen die Menschen überall gleich.“ Ihr schnelles Wachstum im Westen habe die Linke nicht richtig bewältigen können. Um zu verhindern, dass die Partei in den alten Ländern zur Restgröße schrumpft, will sie vor allem die Kreisverbände stärken. „Wir müssen die Partei von unten nach oben aufbauen“. Ein Job für Trümmerfrauen.