Belgrad. Der Nationalist Tomislav Nikolic wird neuer serbischer Staatspräsident. In der Stichwahl am Sonntag setzte er sich überraschend gegen den europafreundlichen Amtsinhaber Boris Tadic durch. Bundesaußenminister Westerwelle hat eine Fortsetzung des pro-europäischen Kurses angemahnt.

Der Nationalist Tomislav Nikolic hat sich in der Stichwahl um das Präsidentenamt in Serbien überraschend gegen den prowestlichen Amtsinhaber Boris Tadic durchgesetzt. Der europafreundlich gesinnte Tadic räumte noch am Abend seine Niederlage ein und gratulierte seinem Kontrahenten. Wie das Belgrader Zentrum für Freie Wahlen und Demokratie (CeSID) mitteilte, entfielen in Hochrechnungen auf Nikolic 49,4 Prozent der Stimmen, während Tadic 47,4 Prozent erhielt.

Prognosen und Umfragen vor der Wahl am Sonntag hatten noch Amtsinhaber Tadic vorn gesehen. Allerdings war es Nikolic offenbar besser gelungen, seine Anhänger zu mobilisieren. Nach Angaben von Beobachtern lag die Wahlbeteiligung um rund zehn Prozentpunkte niedriger als bei der Abstimmung 2008. Damals hatte sich Tadic noch knapp gegen Nikolic durchgesetzt.

Nikolic muss nun einen Ministerpräsidenten ernennen. Seine Fortschrittspartei hatte bei der Parlamentswahl am 6. Mai die meisten Sitze gewonnen. Allerdings planen Tadics Demokraten bereits eine Koalition mit den Sozialisten, die über eine Mehrheit verfügen würde. Nikolic hat erklärt, die Wahl sei gefälscht worden. "Wir werden sehen, was passiert", erklärte er am Sonntagabend. Näher äußerte er sich nicht.

Zweifel am Engagement für den EU-Beitritt

Mit der Wahl Nikolics könnten die Bemühungen Serbiens um einen EU-Beitritt einen Dämpfer bekommen. Auch der Versöhnungskurs mit Serbiens Nachbarländern könnte womöglich auf den Prüfstand gestellt werden. Im Blickpunkt stehen weiter vor allem die Beziehungen zum seit 2008 unabhängigen Kosovo. Serbien hat die Abspaltung des Landes nicht anerkannt.

Tadic hatte seinen proeuropäischen Kurs in den Mittelpunkt seines Wahlkampfs gestellt. Sein größtes Problem waren jedoch der wirtschaftliche Abschwung und die Korruption. Nikolic kritisierte hingegen soziale Ungerechtigkeiten und Korruption und versprach Arbeitsplätze und milliardenschwere Investitionen aus dem Ausland. Seine Fortschrittspartei hatte Tadics Demokratischer Partei nach dem ersten Wahlgang Betrug vorgeworfen und zu Protesten und zum Boykott der Stichwahl aufgerufen. Vor einer Woche gaben die Nationalisten den Boykott auf.

Westerwelle betont Verantwortung des Wahlsiegers 

Zuletzt hat Nikolic betont, sich von einem strikt antiwestlich eingestellten Politiker zu einem Europafreund gewandelt zu haben. Die neue Haltung wurde jedoch von vielen Beobachtern als Wahlkampfmanöver gewertet. Gleichwohl erklärte Nikolic am Sonntag: "Serbien wird nicht vom seinem europäischen Pfad abirren."

Bundesaußenminister Guido Westerwelle betonte, es sei entscheidend, dass Serbien auf einem proeuropäischen Kurs bleibe. "Ich sehe den mutmaßlichen Wahlsieger hier in einer großen Verantwortung", erklärte der FDP-Politiker. "Boris Tadic danken wir für sein unermüdliches Wirken für den serbischen Weg nach Europa."

Auch Brüssel schwört den neuen serbischen Präsidenten Tomislav Nikolic auf einen proeuropäischen Kurs ein. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy verbanden ihre Glückwünsche an den Nationalisten am Montag prompt mit einer Ermahnung. Mit Blick auf die Beitrittsaussichten des Landes appellierten sie in einer gemeinsamen Erklärung: "Serbiens europäische Perspektive ist sehr konkret, deshalb hoffen wir, uns auf Präsident Nikolic und sein persönliches Engagement für dieses Ziel verlassen zu können." (dapd/afp)