Athen. . Griechenland steht vor Neuwahlen: Neun Tage nach der Wahl ist nach Angaben des Präsidialamtes der letzte Versuch der Regierungsbildung gescheitert. Experten befürchten, dass die Gegner der Sparauflagen von EU und IWF aus Neuwahlen noch stärker hervorgehen könnten.
Neuwahlen in Griechenland sind offenbar unausweichlich. Die Vermittlungsversuche von Staatspräsident Karolos Papoulias sind dem früheren Finanzminister und Vorsitzenden der Sozialisten, Evangelos Venizelos, zufolge gescheitert. Auch in den jüngsten Gesprächen zur Regierungsbildung sei kein Ergebnis erzielt worden, sagte Venizelos am Dienstag in Athen. "Unglücklicherweise steuert das Land auf Neuwahlen zu." Im Juni müssen die Griechen nun erneut über die Zusammensetzung des Parlaments abstimmen.
Papoulias hatte am Dienstag versucht, im Gespräch mit den Vorsitzenden von fünf ins Parlament gewählten Parteien doch noch einen Kompromiss auszuhandeln. Nach tagelangen ergebnislosen Gesprächen hatte er am Montag die Bildung der Expertenregierung vorgeschlagen.
Papoulias versuchte, die einzigen drei klar proeuropäisch orientierten Parteien für seinen Vorschlag zu gewinnen, die konservative Neue Demokratie (ND), die sozialistische PASOK und die Demokratische Linke. Der Linken-Parteichef Fotis Kouvelis sagte am Montagabend, er sei kategorisch gegen eine Technokraten-Regierung. "Das wäre eine Niederlage für die Politik."
Wahlergebnis brachte keine klaren Mehrheitsverhältnisse
Das Wahlergebnis erbrachte keine klaren Mehrheitsverhältnisse und bisherige Versuche, eine breite Regierungskoalition zu schmieden, scheiterten am Widerstand der radikalen Linken. Syriza ging als zweitstärkste Kraft aus den Wahlen am 6. Mai hervor.
Das Büro des Präsidenten veröffentlichte am Dienstag Mitschriften der Treffen vom Sonntag. Der Syriza-Vorsitzende Alexis Tsipras sagte demnach, er sehe keine gemeinsame Grundlage mit den anderen Parteien. "Es wäre unverantwortlich, vor der Wahl das eine zu sagen und danach etwas anderes", wurde er in den Protokollen zitiert. In Bezug auf die drohenden Neuwahlen sagte er demnach, "wir glauben, dass eine öffentliche Abstimmung keine Katastrophe sein muss. Wie die Dinge derzeit gehandhabt werden, besteht aber die Gefahr einer Katastrophe".
Scharfe Kritik an Rechtsextremen
Die Kommunisten lehnten eine Teilnahme an den neuen Gesprächen am Dienstag ab, und die rechtsextreme Partei Goldene Morgenröte war überhaupt nicht eingeladen. Die griechische Regierung kritisierte den Parteivorsitzenden, Nikos Michaloliakos, am Dienstag außerdem scharf für dessen verharmlosende Äußerungen zum Holocaust. Im Fernsehen hatte er geleugnet, dass in den Konzentrationslagern Gaskammern und Verbrennungsöfen zur Tötung von Gefangenen eingesetzt wurden.
Regierungssprecher Pantelis Kapsois bezeichnete die Äußerungen von Michaloliakos am Dienstag als "extreme Beleidigung des Andenkens der Millionen Holocaustopfer" und warf dem 55-jährigen Parteivorsitzenden Geschichtsfälschung vor. Bei den Wahlen am 6. Mai wurden Michaloliakos und 20 weitere Mitglieder der Goldenen Morgenröte ins Parlament gewählt. (dapd)