Brüssel. Am Mittwoch beginnt in Den Haag der Prozess gegen den mutmaßlichen Kriegsverbrecher Ratko Mladic. Er wird unter anderem angeklagt wegen Völkermordes beim Massaker von Srebrenica. Experten erwarten, dass das Verfahren mindestens drei Jahre dauern wird.

Auch dieser Angeklagte betätigt sich als Justiz-Bremser: Ein Jahr hat es nach der Festnahme gedauert, bis vor dem Haager Kriegsverbrecher-Tribunal das Verfahren gegen Ratko Mladic beginnen kann. Am Mittwoch ist es endlich soweit: Der einstige Kommandant der serbisch-bosnischen Militärverbände muss sich wegen elf Kriegsverbrechen verantworten. Darunter ist auch Völkermord, begangen beim Massaker von Srebrenica, der schlimmsten Bluttat während des Balkan-Krieges zwischen 1992 und 1995.

Wie der frühere jugoslawische Machthaber Slobodfan Milosevic oder Radovan Karadzic, der politische Anführer der Bosnien-Serben, lässt auch Ratko Mladic nichts unversucht, das Verfahren zu verschleppen. Milosevic starb im Gewahrsam des Tribunals und ist damit im juristischen Sinne lediglich ein “mutmaßlicher Kriegsverbrecher”. Im Prozess gegen Karadzic ist ein Urteil nicht in Sicht, ebenso im Verfahren gegen den serbischen Extrem-Nationalisten Vojislav Seselj, der das Gericht seit fünf Jahren nach Kräften hinhält.

Experten rechnen mit dreijährigem Verfahren

Immer wieder behauptete Mladic, er sei zu krank und hinfällig, um einen Prozess durchzustehen. Die Gerichtsmediziner sahen es jedesmal anders. Vergangene Woche stellten Mladics Anwälte Befangenantrag gegen einen der Richter, den Niederländer Alphons Orie. Der sei voreingenommen, weil er an der Verurteilung anderer Angeklagten wegen Srebrenica beteiligt war. Außerdem seien die Holländer in Sachen Srebrenica prinzipiell befangen, weil ihre UN-Blauhelmsoldaten nicht in der Lage waren, die Exekution von 8000 muslimischen Männern und Jugendlichen im Sommer 1995 zu verhindern.

Auch ohne gezielte Behinderung wird es das Gericht nicht leichthaben, nach 17 Jahren eindeutige Beweise für individuelle Schuld zu erbringen. Die Experten rechnen mit einem mindestens dreijährigen Verfahren. Dabei steckt das Haager Gericht offiziell in der “Abschluss-Phase” und soll eigentlich in Kürze seine Pforten schließen.

Die UN haben indes signalisiert, dass auf jeden Fall die Urteile gegen Karadzic und Mladic abgewartet werden. Weitere Fälle aus der Zeit der Kriege im auseinanderbrechenden Jugoslawien sollen dann aber von Gerichten in der Region selbst untersucht und bearbeitet werden.

Angehörige der Opfer verfolgen den Prozess

Der Prozess beginnt am Mittwoch in Gegenwart der Opfer-Angehörigen aus Srebrenica. Deren Genugtuung, dass Mladic endlich vor dem Richter steht, wird durch die Aussicht getrübt, die politische Kontrolle über ihren Heimatort demnächst an die Serben abgeben zu müssen. Bei den bosnischen Gemeindewahlen im Oktober dürfen nämlich geflüchtete Bürger – überwiegend Muslime – die jetzt woanders leben, nicht mehr mitstimmen. Damit wird es vermutlich einen serbischen Bürgermeister geben.