Berlin. . Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) wehrt sich gegen Vorwürfe von Plagiaten in ihrer Doktorarbeit. Sie spreche gerne über ihre 1980 erstellte Dissertation, aber „mit anonymen Vorwürfen kann man schwerlich umgehen“, sagte Schavan in Berlin. Die Philosophische Fakultät der Universität Düsseldorf kündigte eine Prüfung der Vorwürfe an. Suchprogramme entlarvten bereits einige Politiker.
Vor einem Jahr hat sie Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) abgewatscht, weil der in seiner Doktorarbeit abgeschrieben hatte. Nun ist Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) selbst dem Vorwurf ausgesetzt, dass es in ihrer Dissertation Plagiate gibt. Die Universität Düsseldorf wird den Fall prüfen. Doch es gibt noch mehr promovierte Politiker im Visier der Plagiate-Jäger.
Wie geht die Plagiatssuche?
Erste Indizien für Plagiate liefern Suchprogramme, sagt Martin Heidingsfelder. Er ist der Gründer von Vroniplag, einer Online-Plattform, die sich mit Dissertationen unter Plagiatsverdacht befasst. In die Programme kann man Zitate oder Passagen des Autors eingeben. Die Software sucht vergleichbare Quellen im Internet. Man könne erkennen, „ob jemand schlampig zitiert oder Sekundärquellen benutzt hat“, sagt Heidingsfelder. Schwieriger gestalte sich die Suche bei älteren Arbeiten wie der von Schavan, weil viele Quellen nicht online verfügbar seien. „Am Ende muss man sich die zitierten Bücher aber ausleihen und die Plagiate von Hand suchen“, so Heidingsfelder.
Was wird im Fall Schavan genau beanstandet?
In Schavans Dissertation finden sich auf 56 von 325 Seiten mutmaßliche Plagiate. Auf zehn Seiten stehen nach Auffassung des anonymen Plagiate-Jägers der Webseite „Schavanplag“ „schwerwiegende Plagiate“. Sechs Fundstellen sind „herausragend“. In einem Fall befasst sich Schavan mit Sigmund Freud. Dort soll sie die Zusammenfassung des Autors Ernst Stadter übernommen haben, ohne ihn zu erwähnen.
Handelt es sich bei Schavans Doktorarbeit um einen zweiten Fall Guttenberg?
„Es ist ein spannender, wichtiger Verdachtsfall, der aber nicht vergleichbar ist mit dem Fall zu Guttenberg“, sagt Heidingsfelder, der gleichwohl der Ansicht ist, dass Schavan ihr Amt nicht mehr voll ausfüllen kann. Vroniplag hat auf mehr als zehn Prozent der Seiten der Doktorarbeit Plagiate gefunden, aber sich seinerzeit gegen eine Veröffentlichung entschieden. „Nach dem, was bislang bekannt ist, hat die Universität Düsseldorf noch Spielraum in der Frage, ob sie Frau Schavan den Doktortitel aberkennt oder nicht“, meint Heidingsfelder. Bei zu Guttenbergs Dissertation hat die Webseite „Guttenplag“ – wenn auch mit nicht identischer Zählweise – Plagiate auf 94,4 Prozent der 393 Seiten starken Doktorarbeit entdeckt.
Warum sind die Plagiatsvorwürfe gegen Schavan so pikant?
Weil Schavan Bildungsministerin ist und vor gut einem Jahr mit zu Guttenberg abgerechnet hat. Sie schäme sich „nicht nur heimlich“, sagte sie mit Blick auf dessen Dissertation.
Welche weiteren Politiker sind über Plagiate-Jäger gestolpert?
Etwa der Berliner CDU-Fraktionschef Florian Graf. Die Uni Potsdam entschied am Mittwoch, Graf den Doktortitel abzuerkennen. Dennoch hat ihm die CDU-Fraktion gestern das Vertrauen ausgesprochen. Der 38-Jährige ist nun ein einstiger Promovierter – ebenso wie der baden-württembergische Landtagsabgeordnete Matthias Pröfrock oder der SPD-Politiker Uwe Brinkmann.
Mit prominenten Plagiatoren weiß auch die FDP aufzuwarten. Bei den Liberalen bekam die Europaparlamentarierin Silvana Koch-Mehrin den Doktortitel ebenso aberkannt wie ihr Kollege Jorgo Chatzimarkakis. In dessen Dissertation hat Vroniplag auf rund 75 Prozent der Seiten Plagiate gefunden. In der Bundestagsfraktion der Liberalen ist Bijan Djir-Sarai seit März 2012 den Doktor los.