Essen. . Viel Aufklärung und wenig harte Kontrollen - so gehen große Hochschulen in NRW mit dem Thema Plagiate um. Wer sich ein Jahr nach dem Fall Guttenberg an den Unis umhört, erfährt von Software, Sensibilisierung - und dem Ruf nach besserer Betreuung.
„Auch an der Uni Duisburg-Essen ist das Thema ,Plagiate’ durch Guttenberg stärker in die Wahrnehmung geraten“, sagt Sprecherin Beate Kostka. Und das, obgleich die Zahl der entdeckten Plagiate in den vergangenen Jahren „sehr überschaubar“ gewesen sei. Dass ein Titel habe aberkannt werden müssen, sei bislang noch nicht vorgekommen. Derzeit laufe eine Erhebung, bei der sämtliche Fachbereiche zu ihren Erfahrungen mit Plagiaten abgefragt werden.
Das Ziel: Ein hochschulweites, einheitliches Verfahren der Gefahrenprävention auf den Weg bringen. Bislang setze man neben dem wachsamen Augen der prüfenden Professoren auch auf die Software „SafeAssign“, mit der alle Abschlussarbeiten untersucht werden.
Mit Aufklärung will man an der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität (HHU) mogel-willigen Studenten entgegentreten. Gelingen soll dies unter anderem mit Workshops zur „guten wissenschaftlichen Praxis“. 2009 wurden 15 Täuschungsversuche registriert, 2010 waren es 14 und 2011 insgesamt 13 Fälle – allerdings handelte es sich dabei ausschließlich um Haus-, Bachelor- oder Masterarbeiten und nicht um Promotionen.
Bestraft werden solche Verstöße mit der Note „mangelhaft“, auch Geldstrafen sind möglich. An der HHU habe es seit ihrer Gründung im Jahre 1965 keinen Fall gegeben, in denen ein Titel habe aberkannt werden müssen.
Software soll helfen, Plagiate zu finden
An der privaten Universität Witten-Herdecke untersucht seit dem 1. März 2011 eine Projektgruppe, inwiefern die vorhanden Maßnahmen zur Verhinderung von Plagiaten ausreichend sind. Ohnehin dürfte es Studenten der relativ kleinen Hochschule schwieriger fallen zu betrügen. „Das Betreuungsverhältnis von Professoren zu Studenten liegt bei uns je nach Fachbereich zwischen 1:14 und 1:27“, sagt Dirk Wirth von der Abteilung Qualitätsmanagement.
„Und mit der Betreuung steht und fällt das Ganze.“ Doch sicher ist sicher: Auch an der UWH ist eine Software („PlagiarismFinder“) im Einsatz, auf die Dozenten bei Verdachtsfällen zurückgreifen können.
Die Technische Universität Dortmund setzt als Konsequenz aus dem Guttenberg’schen Plagiate-Rummel auf „Sensibilisierung“ - und hat zu diesem Zweck eine Broschüre („Ratgeber zur Verhinderung von Plagiaten“) an den einzelnen Fakultäten verteilen lassen. Schon 2008 hat eine Kommission empfohlen, dass Arbeiten in digitaler Form eingereicht werden sollten, damit diese elektronisch gescannt werden können. Doch was den Einsatz von Software anbelangt, sind die Erkenntnisse spärlich: „Einige Fakultäten setzen Software ein“, sagt Sprecherin Alexandra Gehrhardt. „Es gibt aber keine zentrale Erfassung. Daher können wir über Gesamtbestand und Kosten keine Aussagen treffen.“
Spezielles Seminar für Doktoranden
An der RWTH Aachen sei das Thema „Plagiate“ im vergangenen Jahr ebenfalls stärker in den Fokus gerückt. „Es werden insgesamt mehr Betrugsfälle angezeigt“, sagt Sprecher Thomas von Salzen. „Ob es sich dabei aber wirklich um Betrugsfälle handelt, steht derzeit noch nicht fest.“
Des weiteren setzt man auch in Aachen auf Aufklärung: Die „Grundsätze zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis“ wurden überarbeitet, Doktoranden müssen ein Seminar zum Thema besuchen und es gibt eine neue Broschüre zum Thema. Ferner findet ein einjähriger Testlauf mit drei verschiedenen Software-Programmen („PlagScan“, „PlagAware“ und „Ephorus“) statt.
2011 wurde an der Uni Münster ein Doktortitel nachträglich entzogen und eine Promotionsprüfung wurde wegen eines Betrugs als nicht bestanden erklärt, berichtet Hochschulsprecher Norbert Robers. Hier scheinen die Maßnahmen also zu greifen. Neben der „Manpower“ von prüfenden Professoren, dem Leiter für hochschulrechtliche Angelegenheiten und einem Ombudsmann setzt man in Münster bereits seit einigen Jahren auf die Software „PlagiarismFinder“ – jedoch kommt auch diese nicht flächendeckend zum Einsatz.
Zweite Chance für den, der erwischt wird
Aufklären und informieren bei Workshops und Vorträgen und zugleich die Unabhängigkeit der Doktoranden fördern – so geht man an der Ruhr-Uni Bochum gegen Plagiate vor. Außerdem kommt eine Software („SafeAssign“) zum Einsatz. Je nach Lehrstuhl geschieht dies stichprobenartig, bei Verdacht oder ausnahmslos. Dennoch warnt Uni-Sprecher Josef König vor übertriebenem Kontrollwahn: „Maximale Kontrolle drückt einen Generalverdacht aus – das wäre ein tödliches Gift für die Wissenschaft.“
Kordula Lindner-Jarchow, Sprecherin der Uni Siegen, zu Plagiaten: „Wissenschaftliche Arbeiten werden stichprobenartig und bei Initialverdacht mit Software geprüft. Ob Arbeiten digital eingereicht werden müssen, ist abhängig vom Fachbereich.“ Im vergangenen Jahr habe es kein gestiegenes Aufkommen von Plagiatsfällen gegeben. Wer erwischt wird, kann auf eine zweite Chance hoffen - wird dann aber besonders scharf kontrolliert. Lindner-Jarchow: „Eine Arbeit bis ins letzte Detail absolut wasserdicht zu prüfen, das kann kein Professor. Dafür gibt es zu viele Arbeiten, die zu kontrollieren sind.“