Berlin/Düsseldorf. Die FDP hätte die Broschüre, die sie als Postwurfsendung vielen Haushalten zugestellt hat, nicht aus Steuermitteln finanzieren dürfen. Zu dieser Einschätzung kommt ein Verfassungsrechtler. Grund sei der “werbende Charakter“ des Schreibens. Die Fraktion hält eigene Gutachten dagegen.

Die FDP-Bundestagsfraktion wehrt sich gegen Vorwürfe, ihre Postwurfsendung im Vorfeld der Landtagswahlen in NRW und Schleswig-Holstein sei unzulässig gewesen. Eine Sprecherin sagte der Nachrichtenagentur dapd am Donnerstag, die Fraktion sehe sich durch zwei unabhängige wissenschaftliche Stellungnahmen in ihrer Haltung bestätigt. So habe der Tübinger Rechtsprofessor Martin Nettesheim eindeutig festgestellt, dass die Informationskampagne vom April 2012 "eine zulässige öffentlichkeitswirksame Maßnahme" im Sinne des Abgeordnetengesetzes gewesen sei. Auch der Stuttgarter Rechtsprofessor Christofer Lenz sei zu dem Ergebnis gekommen, die Öffentlichkeitsarbeit sei rechtens.

Zuvor hatte der Verfassungsrechtler Martin Morlock die Aktion für "unzulässig" erklärt. "Sowohl die äußere Gestaltung als auch der Inhalt der Schreiben hat insgesamt einen deutlich werbenden Charakter", heißt es in der Expertise des Juristen von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, die am Donnerstag in Düsseldorf vorgestellt wurde. Das besondere Zurückhaltungsgebot vor einer Wahl gelte auch für Fraktionsarbeit. Das Gutachten hatten die NRW-Grünen in Auftrag gegeben.

FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle verschickte Post an viele Haushalte - besonders am Niederrhein

Der Fraktionschef der FDP im Bundestag, Rainer Brüderle, hatte flächendeckend eine Postwurfsendung in NRW verteilen lassen – komplett bezahlt aus Steuermitteln. Aufgefallen ist die Werbung am Wochenende am Niederrhein. Dort bekamen tausende Bürger ein persönliches Anschreiben von Rainer Brüderle in den Briefkasten. Darin beschwört Brüderle das zentrale Thema der FDP im NRW-Wahlkampf. „Unser Ziel ist Schuldenabbau.“ Schulden würden zu hohen Staatsausgaben verführen und Geld entwerten. „Jahrelang wurde der Eindruck erweckt, dass Staatsschulden keinem wehtun. Das ist falsch.“

Weiter erklärt Brüderle, die FDP setze sich für einen Abbau der Schulden ein. „Meine FDP-Kollegen im deutschen Bundestag und ich wollen einen ausgeglichenen Haushalt im Jahr 2014 erreichen. Dann können endlich Staatsschulden zurückgezahlt werden.“ Denn: „Auf Schuldenbergen können keine Kinder spielen.“ Dem Schreiben ist ein vierfarbiger Infoflyer beigefügt mit dem Titel: „Schulden abbauen, Geld stabil halten.“ Die FDP-Bundestagsfraktion erklärt, das „Postwurfspezial“ werde im ganzen Bundesgebiet verteilt.

Das besondere an dieser Werbung ist der zeitliche Zusammenhang mit den Wahlkämpfen in NRW und Schleswig Holstein – und dass die Post gerade am Niederrhein zuerst aufgetaucht ist, und nicht in strukturschwachen Ruhrgebiets-Städten. (ds/dapd)