Düsseldorf. . Die FDP in NRW kämpft ums politische Überleben. Christian Lindner, Ex-Generalsekretär der Bundespartei, soll die Liberalen vor dem Abstieg retten. Wir sprachen mit ihm über die Rolle als Hoffnungsträger und warum die FDP gebraucht wird, damit die Bürger nicht zu “Staatsinsassen“ vor lauter Verboten werden.

Wie schon vor 2009 und 2010 bekommt die FDP auch bei der NRW-Landtagswahl am 13. Mai Wahl-Unterstützung von Wolfgang Clement. Der frühere NRW-Ministerpräsident und 'Superminister' im Kabinett von SPD-Kanzler Gerhard Schröder will am 1. Mai in Essen ein gemeinsames Papier zur Energie- und Industriepolitik vorstellen. Das kündigt FDP-Spitzenkandidat Christian Lindner im Gespräch mit der WAZ-Mediengruppe an. Die Landtagswahl sieht er als "eine Haltungsfrage". Von SPD und Grünen grenzt er seine Partei klar ab.

Herr Lindner, Sie sollen zum Retter der FDP werden. Macht Ihnen die hohe Erwartung Angst?

Christian Lindner: Ich bin mir der Verantwortung bewusst. Aber es geht nicht um mich. Entscheidend ist die neue Glaubwürdigkeit der FDP, weil die Fraktion im Landtag gesagt hat: Lieber neue Wahlen als neue Schulden. Das war ein politischer Wendepunkt für die FDP. Dieses neue Denken hilft auch unserer Bundespartei.

NRW als Modell für die Bundespartei?

Lindner: So einen Anspruch habe ich nicht. Wir haben hier aber einen eigenen Stil, neue Prioritäten und arbeiten seriös an den Fragen des Landes: weniger Schulden durch einen schlanken Staat statt durch rot-grüne Steuererhöhungen. Wir wollen faire Bedingungen für das Gymnasium und bezahlbare Energie. Unsere Priorität für die Entschuldung des Staates hat diese Woche auch die Bundes-FDP bekräftigt.

Warum sollen die NRW-Bürger FDP wählen?

Lindner: Die Wahl ist auch eine Haltungsfrage. Die Zukunft wird besser, wenn wir zusammen in Freiheit daran arbeiten. Gerade SPD und Grüne wollen dagegen überall Verbotsschilder aufstellen und in unsere privaten Lebensentscheidungen hineinregieren. Wir verhindern, dass aus verantwortungsbewussten Bürgern Staatsinsassen gemacht werden.

Wo wollen Sie sanieren?

Lindner: Der Staat muss schlanker werden. Rot-Grün hat aber 2000 neue Stellen geschaffen. Trotz Rekordeinnahmen macht NRW Milliarden Euro neue Schulden. Damit muss Schluss sein. NRW belegt im bundesweiten Dynamik-Ranking Platz 14 von 16. Wirtschaftliche Dynamik erzielt man nicht durch rot-grüne Steuererhöhungen – die sind Gift für die Konjunktur. Sonst haben wir am Ende höhere Steuern und mehr Schulden.

Welche Koalition schwebt Ihnen vor?

Lindner: Ich lehne Koalitionsspielchen ab. Wir gehen unabhängig und sachorientiert in den Wahlkampf. Wenn CDU-Fraktionschef Karl-Josef Laumann schon öffentlich über Schwarz-Grün oder eine rot-schwarze Koalition spekuliert, ist das bedauerlich. Ich würde vorziehen, wenn die CDU als Oppositionspartei wie wir auf einen Politikwechsel hinarbeitet.

Ihr Kieler Parteifreund Kubicki verfolgt im Wahlkampf eine Abgrenzungsstrategie gegenüber der Bundespartei. Wie halten Sie es?

Lindner: Wir konzentrieren uns auf Landespolitik. Wir in NRW spüren derzeit, dass uns die Leute wieder zuhören. Das ist eine Chance. Deshalb bin ich sicher, dass wir wieder in den Landtag kommen.

Wie bewerten Sie die SPD-Spitzenkandidatin Hannelore Kraft?

Lindner: Sie ist eine respektable Persönlichkeit, macht aber eine falsche Politik. Hannelore Kraft hält an der Legende der guten Schulden fest, mit denen man soziale Politik machen könnte. Griechenland ist der beste Beweis, dass diese Strategie gescheitert ist.

Die FDP hat den Schulkonsens von SPD, CDU und Grünen bekämpft. Warum fürchten Sie um das Gymnasium?

Lindner: Der Schulkonsens benachteiligt das Gymnasium. Dabei ist das die beliebteste und erfolgreichste Schulform. Dort gibt es aber weniger Ganztag und größere Klassen. Es werden so langfristig die Weichen in Richtung Einheitsbildung gestellt. Ich verstehe nicht, wie die CDU als bürgerliche Partei das Gymnasium verraten konnte.