Washington. . Verhärtete Fronten schon vor Beginn der Atomgespräche: Die USA wollen, dass der Iran seine Uran-Bestände unter fremde Kontrolle stellt und Atomanlagen schließt. Die Regierung von Ahmadinedschad lehnt jede Vorbedingung des Westens jedoch ab.

Vor Beginn der neuen Verhandlungsrunde über das iranische Atomprogramm am Samstag in Istanbul fordert der Westen der Regierung in Teheran weitreichende vertrauensbildende Maßnahmen ab.

Wie Regierungskreise in Washington am Wochenende bestätigten, soll der Iran in einem ersten Schritt seine Bestände an leichtangereichterem Uran außer Landes schaffen, die Anreicherung generell stoppen und die bis vor kurzem geheim gehaltene, 80 Meter unter der Erde liegende Atomanlage in Fordo schließen. Zudem müsse den Kontrolleuren der Internationalen Atomenergie-Behörde die uneingeschränkte Möglichkeit eröffnet werden, alle Verdachtsmomente aufzuklären, die andeuten, dass der Iran entgegen offiziellen Verlautbarungen am Bau von Atomwaffen arbeitet oder gearbeitet hat.

Im Gegenzug, so hat US-Präsident Obama dem Mullah-Regime durch den türkischen Premierminister Erdogan ausrichten lassen, soll Teheran das Recht zugestanden werden, Atomkraft zivil zu nutzen.

„Die Geduld ist zu Ende“

In ersten Stellungnahmen wies Teheran das über „Washington Post“ und „New York Times“ am Osterwochenende öffentlich gemachte Ansinnen der US-Regierung erwartungsgemäß zurück. Die Islamische Republik werde nicht akzeptieren, dass vor Gesprächsbeginn Ansprüche gestellt würden, zitierte zudem die Nachrichtenagentur des iranischen Parlaments am Montag Außenminister Ali Akbar Salehi. Diese wären vollkommen bedeutungslos. Nur der Chef der iranischen Atombehörde, Ferejdun Abbasi-Dawani, deutete an, dass sein Land bei der Urananreicherung dem Westen etwas entgegenkommen könnte.

Die Forderung nach einer vorübergehenden Auslagerung der leichtangereicherten (20 %) Uran-Bestände, die zur Herstellung vom hochangereichtem, waffenfähigen Spaltmaterial zum Bau einer Atombombe notwendig sind, wird nach Einschätzung von Sicherheitsexperten des Repräsentantenhauses die Atomgespräche zwischen Iran und den fünf Vetomächten des UN-Sicherheitsrates (USA, China, Russland, Frankreich und England) plus Deutschland dominieren. „Die Geduld ist zu Ende. Keine Spielchen mehr. Das wird die Probe aufs Exempel“, sagt ein Experte des Außenministeriums.

Hintergrund: Bereits 2009 hatte die Sechsergruppe, die jetzt am Bosporus zusammenkommt, in Genf mit Iran einen ähnlich lautenden Austausch diskutiert. Teheran sollte 1200 Kilogramm seines damaligen rund 1600 Kilogramm schwach angereicherten Urans in ein russisch-französisches Konsortium überführen und dafür später Brennelemente für einen Forschungsreaktor zurückbekommen. Der Deal platzte, weil der Iran plötzlich seine Zustimmung zurückzog. Ähnlich verliefen vor einem Jahr Gespräche, die ebenfalls in der türkischen Metropole stattgefunden hatten.

Unterschiedliche Bewertungungen über Irans Atomprogramm

Die neuerliche Forderung folgt exakt jener Lagebeurteilung, die Israels Verteidigungsminister Ehud Barak über Ostern im US-Fernsehsender CNN abgab. Sein Tenor: Ohne die Auslagerung von Uran aus den iranischen Anlagen kein Spielraum für ernsthafte Verhandlungen.

Israel fühlt sich durch Teheran akut bedroht und erwägt seit geraumer Zeit, iranische Atomanlagen zu bombardieren; zur Not auch auf eigene Faust. Präsident Obama wirbt mit Blick auf mögliche Konsequenzen für den gesamten Nahen Osten für militärische Zurückhaltung, hat aber zuletzt mehrfach unmissverständlich erklärt, das Entstehen eines nuklearwaffenfähigen Iran auf jeden Fall zu verhindern. Er appellierte an die Regierung Ahmadinedschad, die letzte Möglichkeit zu Verhandlungen wahrzunehmen.

In der Obama-Regierung gibt es widerstreitende Bewertungen des iranischen Atomprogramms. Einige Experten sind sich sicher, dass Teheran die Entscheidung zum Bau einer Atombombe bisher nicht getroffen hat und dies auch nicht plant. Andere gehen davon aus, dass unter dem Deckmantel eines zivilen Kernenergieprogramms die nukleare Waffenoption weiter vorangetrieben wird. Laut „Washington Post“ arbeitet eine personell umfangreiche Abteilung im Geheimdienst CIA mit einigem Erfolg an der Auswertung von Bild-Material aus dem Iran, das mit Hilfe unbemannter Drohnen-Flugkörper beschafft wurde. (mit rtr)