Essen. . In Spanien müssen deutsche Firmen bei Ausschreibungen Förderpläne vorlegen. Auch Unions-Männer sprechen sich inzwischen für eine gesetzliche Quote aus.

Ob Frankreich oder Italien, ob Niederlande oder Spanien: Werden Aufsichtsräte besetzt, kommen die Verantwortlichen an einer Frauenquote nicht mehr vorbei. Schaffen es die Gremien nicht, genügend Frauen zu rekrutieren, droht deren Annullierung. Während in Europa längst empfindliche Sanktionen verhängt werden, wenn die Frauenquote missachtet wird, diskutiert Deutschland – doch der Widerstand bröckelt. Selbst hartgesottene Unionsabgeordnete und auch Angela Merkel schließen ein Quoten-Gesetz nicht länger aus.

Das hat auch rein wirtschaftliche Gründe: Firmen, die fest in Männerhand sind, drohen im internationalen Wettbewerb Nachteile. Warum, das erklärt die EU-Justizkommissarin Viviane Reding am Beispiel einer öffentlichen Ausschreibung in Spanien, wo Aufsichtsräte bis 2015 zu 40 Prozent mit Frauen besetzt sein müssen. Wer sich bewerbe, müsse einen entsprechenden Frauenförderplan vorlegen – das gelte auch für deutsche Unternehmen, sagte Reding der Rheinischen Post.

„Wir müssen die ewigen Zauderer zwingen“

Schon aus diesem Grund hält es etwa die nordrhein-westfälische Gesundheits- und Emanzipationsministerin Barbara Steffens (Grüne) für unverzichtbar, die Quote per Gesetz festzulegen, wenn die Unternehmen „wettbewerbsfähig“ bleiben sollen. „Die ewigen Zauderer müssen wir zu ihrem Glück zwingen“, erklärte sie am Sonntag.

Die Drohung aus Brüssel nimmt die NRW-Ministerin gern zum Anlass, um den „dringenden Handlungsbedarf“ zu unterstreichen. Schließlich sind die Grünen für eine gesetzliche Quote, ebenso wie die SPD.

Die Berliner Regierung ist allerdings tief zerstritten, lange Zeit drohte eine Quotenregelung im Hickhack zu zerbröseln. Die von Männern dominierte FDP lehnt zwar offiziell jeden gesetzlichen Eingriff in die Personalbesetzung ab, schickt allerdings gern attraktive Frauen ins Rennen, wenn es darum geht, verlorenen Boden wieder gut zumachen. Die FDP-Organisation „Liberale Frauen“ wiederum unterstützt in weiten Teilen die parteiübergreifende „Berliner Erklärung“ für die Quote.

„Flexiquote ist weiße Salbe“

Im Gegensatz zur FDP streitet die Union öffentlich: Arbeitsministerin Ursula von der Leyen will eine 30 Prozent Quote per Gesetz, Familienministerin Kristina Schröder setzt auf eine Pflicht der Unternehmen, eine hausinterne „Flexi-Quote“ einzuführen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte sich lange eher ablehnend. Inzwischen mehren sich aber die Signale, dass ihr Widerstand abnimmt – mit dem Ergebnis, dass auch Unions-Männer, die lange schwiegen, sich für eine Quote aussprechen. Kristina Schröders Flexiquote sei „weiße Salbe“, sagte etwa der CDU-Abgeordnete Marco Wanderwitz der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung und fügte hinzu: „Selbstverpflichtungen haben wir lange genug ohne Erfolg ausprobiert“. Ähnlich äußerte sich auch der CSU-Abgeordnete Josef Göppel.

Die Offiziellen der FDP geben sich noch nicht geschlagen: Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger kündigte an, im Wahlkampf 2013 Stimmung gegen die Quote machen zu wollen. „Wir haben die Emanzipation“, sagte sie dem Hamburger Abendblatt. „Da müssen wir doch nicht alten Modellen wie der Quote hinterherlaufen.“