Berlin. Im Streit um die Aufstockung des Euro-Rettungsschirms wollen Bundeskanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble einem Bericht zufolge nachgeben. Damit stehe einer Einigung mit den anderen Euro-Ländern am kommenden Wochenende beim informellen Finanzministertreffen nichts mehr im Weg.
Im Streit um die Aufstockung des Euro-Rettungsschirms wollen Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble einem Medienbericht zufolge nachgeben. Die beiden CDU-Politiker würden sich nicht länger dem Wunsch der Partnerländer und des Internationalen Währungsfonds widersetzen, die Mittel des mit 440 Milliarden Euro ausgestatteten vorläufigen Rettungsschirms EFSF und seines dauerhaften Nachfolgers ESM zu kombinieren, berichtete der "Spiegel" am Samstag unter Berufung auf Regierungskreise.
Merkel und Schäuble vereinbarten demnach eine gemeinsame Sprachregelung für den neuen Kurs: Beide Rettungseinrichtungen sollten für eine Übergangsfrist "operativ gehalten werden". Damit stehe einer Einigung mit den anderen Euro-Ländern am kommenden Wochenende beim informellen Finanzministertreffen nichts mehr im Weg.
Koalition für zeitweise Kombination beider Schirme
Eine Sprecherin des Finanzministeriums lehnte eines Stellungnahme zu dem Bericht ab. Sie sagte aber, die europäischen Partner hätten vereinbart, Ende März zu prüfen, ob die Obergrenze von 500 Milliarden Euro ausreiche. Diskussionen unter den Beteiligten liefen noch. Die deutsche Seite sei jedoch optimistisch, dass beim Treffen in Kopenhagen eine Lösung gefunden werde, die alle zufrieden stelle.
Mehrere Regierungsvertreter hatten kürzlich bereits gesagt, die Bundesregierung erwäge vorübergehend einen größeren Haftungsrahmen im Kampf gegen die Staatsschuldenkrise im Euro-Raum in Kauf zu nehmen. In den kommenden Tagen wollen sich demnach CDU, CSU und FDP endgültig auf das weitere Vorgehen bei den Euro-Rettungsschirmen EFSF und dessen Nachfolger ESM verständigen. Die derzeit wahrscheinlichste Variante ist dabei eine zeitweise Kombination beider Schirme, wodurch der deutsche Haftungsanteil von derzeit 211 Milliarden Euro vorübergehend auf bis zu 290 Milliarden Euro steigen könnte.
Unterschiedliche Belastungen für Deutschland
EU-Diplomaten zufolge steht eine Einigung in der Euro-Zone auf den Umfang der Anti-Krisenmittel kurz bevor. Es sei wahrscheinlich, dass sich die Finanzminister in der kommenden Woche auf ein Volumen von etwa 700 Milliarden Dollar verständigten, hatten mehrere mit den Verhandlungen vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters gesagt. Das Streben nach einem noch höheren Rettungsschirm sei zu ehrgeizig. Die EU-Kommission hatte am Donnerstag gefordert, die Ausleihkapazitäten von EFSF und ESM zu addieren, um so einen Schutzwall von 940 Milliarden Euro zu erreichen.
Dem Bericht des "Spiegel" zufolge bleibt unklar, über wie viel Geld der aufgestockte Rettungsschirm verfügen werde. Im Gespräch seien zwei Varianten: Bei der ersten sollten zum vorgesehenen ESM-Volumen von 500 Milliarden Euro noch jene 200 Milliarden Euro hinzukommen, welche der EFSF bislang an Hilfen für Griechenland, Portugal und Irland verplant habe. Ursprünglich sollten sie mit den ESM-Mitteln verrechnet werden. Beim zweiten Modell kämen Hilfsmittel in Höhe von 940 Milliarden Euro zusammen. Dabei liefen EFSF und ESM in vollem Umfang nebeneinander weiter. Entsprechend unterschiedlich fallen dem Bericht nach die Belastungen für Deutschland aus. Im ersten Fall garantiere Deutschland etwa 280 Milliarden Euro, im zweiten rund 400 Milliarden Euro.
In Regierungskreisen hatte es jüngst geheißen, das eindeutig favorisierte Modell bei den Koalitionspartnern sei, beide Rettungsschirme eine Weile parallel laufen zu lassen. Die bereits verplanten Mittel für Irland, Griechenland und Portugal würden dabei separat weiterlaufen. Die unverbrauchten EFSF-Mittel stünden für eine Übergangszeit als "Notfall-Reserve" zur Verfügung, würden allerdings bei der Ausstattung des ESM angerechnet. Die Europäer könnten so argumentieren, dass sie mit dem kombinierten ESM/EFSF also eine Brandmauer von 690 Milliarden Euro aufbauen.
Die Parallelstruktur wird auch deshalb als nötig angesehen, weil der ESM ab Mitte 2012 nur langsam aufgebaut wird. Seine Ausleihsumme hängt von der Höhe des neuen Kapitalstocks ab. Da die Euro-Regierungen 2012 aber nur zwei der fünf Tranchen einzahlen, könnte der ESM im ersten Jahr höchstens Kredite für 200 Milliarden Euro vergeben. Das gesamte Ausleihvolumen beider Schirme würde nicht über 500 Milliarden Euro steigen. (rtr/afp)