Paris. . Nach dem Blutbad vor der jüdischen Schule wurde der Wahlkampf in Frankreich gestoppt. Doch nach dem Tod des Attentäters in Toulouse werden die Karten neu gemischt: Präsident Sarkozy profiliert sich als Staatsmann, sein Kontrahent Hollande bleibt hingegen blass. Auch Marine Le Pen von der rechtsextremistischen „Front National“ gibt sich angriffslustig.

Der Präsident als väterlicher Beschützer der Franzosen – das ist die Rolle, in der sich Nicolas Sarkozy gut gefällt. In den hektischen Wochen der Finanzkrise verstand er es, sich so zu profilieren. Auch jetzt, an diesen traumatisierenden Terror-Tagen von Toulouse, zeigt Nicolas Sarkozy staatsmännische Größe.

Entsetzt und traurig hält Frankreich nach dem Blutbad vor der jüdischen Schule inne, die Wahlkampfmaschinen werden gestoppt. Doch kaum sind die Patronenhülsen vor der Wohnung des erschossenen Attentäters weggefegt, geht die Kampagne wieder los. Der Endspurt für die Präsidentschaftswahl in vier Wochen hat begonnen.

Der Amtsinhaber punktet

Nach Toulouse werden die Karten neu gemischt. Der Amtsinhaber wird punkten, Marine Le Pen, die Kandidatin des rechtsextremistischen „Front National“ (FN) auch, und der Sozialist François Hollande, obwohl noch immer Favorit für die Stichwahl, muss aufpassen, dass er den Anschluss behält. Denn der Komplex Sicherheit/Terrorismus/Islamismus steht auf seiner sozialpolitisch dominierten Agenda weit unten.

Ganz anders der Amtsinhaber: Sarkozy zeigt Format und Präsenz. In Toulouse drückt er der jüdischen Gemeinde seine Anteilnahme aus und in Montauban verneigt er sich vor den Särgen der erschossenen Fallschirmjäger. Im Elyséepalast pflegt er demonstrativ den Dialog mit Muslimen und Juden, beschwört bei jeder Gelegenheit „den Zusammenhalt der Nation“. Er predigt gegen den Hass, aber nebenbei verkündet er, der starke Mann, nun schärfere Gesetze zum Schutz vor islamischen Fundamentalisten.

Pannen werden heruntergespielt

Mögliche Fahndungspannen im Fall Mohamed Merah versuchen Sarkozys Gefolgsleute herunterzuspielen. Der US-Geheimdienst hatte den „Gotteskrieger“ als gefährlich eingestuft und auf seine „No-Fly“-Liste für Terrorverdächtige gesetzt. Kritiker fragen nun: Haben die französischen Dienste geschlafen?

Auch am Vorgehen der Anti-Terror-Einheit „Raid“ in Toulouse gibt es Kritik. Christian Prouteau, Gründer einer Anti-Terror-Spezialeinheit der Armee, tadelt, dass der Serientäter nicht lebend gestellt wurde. Außerdem beklagt er die lange Dauer des Einsatzes. Die „Raid“-Spezialisten hätten Tränengas einsetzen sollen, „das hätte er keine fünf Minuten ausgehalten“.

Angriffslustig präsentiert sich FN-Chefin Marine Le Pen. „Seit zehn Jahren prangere ich den Islamismus an“, sagt sie und fügt hinzu: „Und ich sage es noch einmal – wir unterschätzen diese Gefahr.“

Rüde Attacken

Derweil Sarkozy den Staatsmann gibt, übernehmen seine „Leutnants“ die rüden Attacken. So ätzt Jean-François Copé, Chef der Präsidentenpartei UMP, gegen Grüne und Sozialisten, weil diese „die fundamentalistische Gefahr geleugnet“ hätten. Den jüngsten Sarkozy-Plan, schärfere Gesetze gegen den islamischen Fundamentalismus durchs Parlament zu peitschen, feiern sie als taktische Meisterleistung. Das Kalkül: Lassen sich die Sozialisten darauf ein, darf Sarkozy triumphieren. Lehnen sie ab, könnten sie als vaterlandslose Gesellen an den Pranger gestellt werden.