Toulouse. . US-Behörden hatten den mutmaßlichen Serienmörder von Toulouse, Mohamed Merah, auf einer Terror-Liste geführt. Der 23-jährige gebürtige Algerier war am Donnerstag bei einem Schusswechsel von französichen Spezialkräften ums Leben gekommen. Deren Einsatztaktik steht jetzt in der Kritik.
Der mutmaßliche Serienmörder von Toulouse war auch im Visier des US-Behörden. Mohamed Merah habe auf der "no-fly"-Liste für Terror-Verdächtige gestanden, erklärten US-Regierungsvertreter. Auf der Liste stehen Personen, von denen die US-Behörden meinen, dass sie ein Flugzeug zum Absturz bringen könnten. Die Liste ist die schärfste ihrer Art, auf ihr sind etwa 4000 Namen verzeichnet. Wer darauf steht, darf mit einem Flugzeug weder innerhalb der USA reisen noch in die USA hinein oder aus ihr heraus. Die Liste wird geführt vom "Terrorist Screening Center", das unter der Obhut des FBI arbeitet und Informationen verarbeitet, die von anderen US-Regierungsbehörden stammen.
Nach Angaben aus US-Kreisen war Merah zudem für kurze Zeit von US-Sicherheitskräften in Afghanistan in Haft genommen worden. Es blieb zunächst offen, wann das war und was mit Mareh danach passierte. Die Behörden in den USA und Frankreich haben erklärt, Merah sei 2010 in Afghanistan gewesen, um an einem Training islamistischer Militanter teilzunehmen. Er habe an der afghanisch-pakistanischen Grenze einige Zeit mit Militanten verbracht, sei gefangengenommen worden und wieder nach Frankreich zurückgekehrt. Nach französischen Angaben war Merah auch danach noch in Afghanistan, kehrte aber selbstständig nach einer Hepatitis-Erkrankung wieder nach Frankreich zurück.
Merah - ein Franzose algerischer Herkunft - soll bei einem Anschlag auf eine jüdische Schule in Toulouse drei Kinder und einen Lehrer erschossen haben. Auch drei Fallschirmjäger soll er getötet haben. Der Islamist handelte nach eigenen Worten im Namen der Al-Kaida. Er war am Donnerstag nach einem Schusswechsel mit der Polizei getötet worden.
Kritik an den Spezialkräften nach Zugriff auf Mohamed Merah
Nach der Erschießung des islamistischen Serienattentäters von Toulouse beim Zugriff ist Kritik an den Spezialkräften laut geworden. Es müsse gefragt werden, warum es der Polizei-Eliteeinheit Raid als "besten Einheit" der französischen Polizei nicht gelungen sei, einen einzelnen Mann lebend zu fassen, sagte der Gründer einer anderen französischen Spezialeinheit, Christian Prouteau, der Zeitung "Ouest France" vom Freitag. Die Operation sei "ohne klares taktisches Schema" ausgeführt worden.
Prouteau sagte, gegen den in einer Wohnung verbarrikadierten Mohamed Merah hätte Tränengas eingesetzt werden müssen. "Das hätte er keine fünf Minuten ausgehalten." Die Spezialkräfte hätten den 23-Jährigen mit ihrem Vorgehen während der mehr als 30-stündigen Belagerung dagegen dazu "bewegt, seinen 'Krieg' fortzuführen". Die von Prouteau gegründete Gendarmerie-Spezialeinheit GIGN gilt als so etwas wie die Konkurrenz der Raid.
Elitepolizisten war am Donnerstagvormittag nach einem zermürbenden Nervenkrieg in die Wohnung Merahs im südfranzösischen Toulouse eingedrungen. Der algerischstämmige Franzose hatte sich im Bad versteckt und kam laut Innenminister Claude Guéant "mit äußerster Gewalttätigkeit" um sich schießend heraus. Dann sei er mit der Waffe in der Hand aus dem Fenster gesprungen. Dabei erschossen ihn laut Staatsanwaltschaft Scharfschützen.
Terror-Morde lassen Sarkkozys Wählergunst steigen
Raid-Chef Amaury de Hauteclocque sagte der Online-Ausgabe der Zeitung "Le Monde", Merah habe die Polizisten mit einer "unerbitterlichen Entschlossenheit" erwartet. "Es ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich jemanden gesehen habe, der uns angreift, obwohl wir ihn gerade angreifen."
Der französische Präsident Nicolas Sarkozy hat nach den Anschlägen in Toulouse seinen Rückstand in den Umfragen zu seinem schärfsten Rivalen verkürzt. In einer am Donnerstag veröffentlichten Erhebung des Meinungsforschungsinstituts BVA lag der Amtsinhaber mit 28 Prozent Zustimmung nur noch 1,5 Prozentpunkte hinter seinem sozialistischen Herausforderer Francois Hollande. Vor einem Monat betrug der Abstand noch fünf Punkte. Sarkozy schnitt bei den Themen Sicherheit und Immigration besser ab. Die rechtsextreme Kandidatin Marine Le Pen rutschte dagegen in der Umfrage auf Platz vier ab. Sie wurde überholt von Jean-Luc Melenchon, dem Kandidaten der Linken. (rtr/afp)