Berlin. . Der Große Zapfenstreich zum Abschied von Christian Wulff aus dem Amt des Bundespräsidenten hat am Donnerstagabend einen Proteststurm i Berlin ausgelöst. Mit gellenden Pfiffen und Vuvuzela-Tröten begleiteten mehrere Hundert Protestler die Zeremonie.

Es war buchstäblich ein Abschied mit Pauken und Trompeten - und Bettina Wauschke findet, Christian Wulff hat es nicht anders verdient. Mit Hunderten anderen Demonstranten kam die Berlinerin am Donnerstagabend zum Schloss Bellevue, um beim Großen Zapfenstreich für Wulff zu demonstrieren. Mit Trompeten, Trillerpfeifen und Vuvuzelas standen sie rund ums Schloss und überzogen die Zeremonie im abgeriegelten Park gut eine Stunde lang mit einem Lärmteppich.

Wauschke hatte keinen weiten Weg zu der spontanen Kundgebung, sie wohnt gleich neben dem Präsidentensitz. Deshalb zog sie sich mit drei Nachbarinnen ein Engelskostüm an und steht am Abend schimpfend vor einer Polizeiabsperrung. Wulff sei ein "Trotzkopf", der störrisch wie ein kleines Kind nicht zurücktreten wollte, sagt sie. "Er hat selbst bei seiner Abschiedsrede nicht gecheckt, dass die Bevölkerung seit Wochen gegen ihn war", sagt Wauschke und ergänzt, Wulff habe aus Fehlern nie gelernt und sich immer wieder von seinen "stinkreichen Geschäftsfreunden" einladen lassen.

Als die Soldaten weit hinter den Absperrungen mit ihren Fackeln marschieren, kreisen Polizisten eine Gruppe Jugendlicher ein. Ein Beamter droht einem 19-Jährigen, die mitgebrachte Vuvuzela zu beschlagnahmen. Er schüttelt mit dem Kopf und sagt stellvertretend für seine Freunde: "Wir finden so einen Zapfenstreich völlig überzogen nach einer solchen Amtszeit."

Internet-Aufruf zum lautstarken Protest mit Vuvuzelas

Keine fünf Minuten später strömen immer mehr Menschen herbei, überrumpeln die zahlenmäßig unterlegene Polizei und beginnen, am Ufer der Spree ordentlich Lärm zu machen. Im Internet hatten Aktivisten aufgerufen, Wulff mit Vuvuzelas lautstark zu verabschieden. Tausende klickten die Seite an.

Der Journalist Mario Sixtus setzte die Idee am 24. Februar über den Kurznachrichtendienst Twitter in die Welt - eine Bekannte verbreiteten den Aufruf über das soziale Netzwerk Facebook. Sixtus sagte mit ironischem Unterton: "Wenn ein so geschätzter Ex-Präsident wie Wulff verabschiedet wird, sollte sich das Volk daran beteiligen." Es wäre doch "schade, wenn nur ausgewählte Soldaten Wulff den Marsch blasen dürfen".

Ellen Martiny ist mit ihrem Mann zum Schloss Bellevue schon zum dritten Mal innerhalb weniger Wochen zum Demonstrieren zum Schloss gekommen und nennt den Ex-Präsidenten einen "Repräsentanten der Mitnahmegesellschaft". Sie haben sich zuvor ein Schild gebastelt, auf dem sie Wulff als Schnorrer bezeichnen. Sie waren nicht alleine mit dieser Meinung. (dapd)