Berlin. . Bundesfinanzminister Schäuble (CDU) will künftig auch Geld eintreiben von jenen, die der Fiskus bisher verschont hatte. Kritiker sehen in den Plänen ein verheerendes Signal für den Freiwillegen-Dienst. Die monatliche Belastung wäre allerdings gering.
Den steuerpolitischen Sprengsatz hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble gut getarnt: Erst auf Seite 15 seines Entwurfs für ein Jahressteuergesetz hat Schäuble seinen scheinbar hartherzigen Plan eingebaut, künftig selbst von Freiwilligen im Wehrdienst oder im sozialen Dienst des Bundes Steuern einzutreiben.
Ausgerechnet Freiwillige, um die der Staat so wirbt, kommen ins Visier des Fiskus? Die betroffenen Ministerien für Verteidigung und Familie protestierten umgehend gegen das „falsche Signal“, der Bundeswehrverband schimpfte über ein „fatales Zeichen“, ein „Armutszeugnis“ beklagten Sozialverbände.
„Der Dienst an der Gesellschaft darf nicht über den Umweg des Steuerrechts geschwächt werden“, sagte FDP-Finanzexperte Volker Wissing. Auch die Opposition reagierte empörte. Dass das Kabinett Ende April Schäubles Entwurf billigen wird, ist ziemlich unwahrscheinlich.
Freiwillig Wehrdienstleistende bekommen deutlich mehr Geld als Wehrpflichtige früher
Dabei hat er durchaus gewichtige Gründe: In der Vergangenheit war der Sold für Wehrpflichtige und Zivildienstleistende steuerfrei, weil es sich um einen Zwangsdienst für den Staat handelte. Doch der neue freiwillige Wehrdienst dauert mit bis zu 23 Monaten nicht nur relativ lang, auch das Einkommen der jungen Soldaten von 777 bis 1146 Euro im Monat fällt deutlich höher als früher.
Aus Sicht der Steuerexperten handelt es sich daher um eine Berufstätigkeit, die der Besteuerung unterliegen muss. Für den neuen Bundesfreiwilligendienst gilt theoretisch sogar schon jetzt die Steuerpflicht, sie ruht nur, um eine Benachteiligung gegenüber den Soldaten zu vermeiden.
Wehrdienstleistende müssten auf rund 65 Euro im Monat verzichte
Als 2011 die Wehrpflicht ausgesetzt wurde, ahnten die Fachleute bereits, dass es ein Steuerproblem geben könnte. Im Gesetz ist daher ein Prüfauftrag verankert, dem Finanzminister Schäuble nun nachkommt. Ergebnis: „Aus Gründen des Gleichheitsgebots und der Steuergerechtigkeit ist die bisherige Steuerfreiheit nicht mehr gerechtfertigt.“
Die finanziellen Auswirkungen liegen jetzt also schwarz auf weiß vor: Die künftig knapp 10 000 freiwillig Wehrdienstleistenden würden Einbußen von im Schnitt 65 Euro im Monat tragen, hat das Verteidigungsministerium errechnet. Da die Bundeswehr mit Nachwuchsproblemen kämpft, würde eine Erhöhung des Solds den Verlust ausgleichen, um Interessenten nicht abzuschrecken, heißt es bereits in der Koalition.
Freibetrag deckt das Taschengeld ab
Steuerrechtler wären damit wohl zufrieden, der Staat hätte am Ende wenig davon. Das gilt noch mehr für den Bundesfreiwilligendienst: Für über 90 Prozent der 35 000 Teilnehmer hätte die Steuerpflicht gar keine Auswirkungen. Denn das Taschengeld für die „Bufdis“ beträgt 336 Euro im Monat – ohne zusätzliche Einkünfte liegen die Teilnehmer weit unter dem steuerlichen Grundfreibetrag von 8004 Euro im Jahr, den der Fiskus unangetastet lässt.
Den Kritikern geht es um etwas anderes: Um die negative Signalwirkung, die die Steuerpflicht hätte. Familien-Staatssekretär Josef Hecken warnt vor der „politisch verheerenden Wirkung“ für die Werbung von Freiwilligen.
Das Verteidigungsministerium argumentiert grundsätzlicher: Wehrdienst leiste man auch künftig nicht zur Einkommenserzielung, sondern als Dienst am Gemeinwohl. Dieser Ansicht zeigte sich auch Regierungssprecher Steffen Seibert zugeneigt. Die Regierung werde alle Argumente anhören, versicherte er, es sei aber „ganz sicher noch nichts entschieden“.