Brüssel. . EU-Gipfel im Zeichen der Zuversicht: Die Hoffnung auf ein Ende der Schuldenkrise wächst. Die Politiker wissen aber, dass sie die Entspannung vor allem der Kreditflut der Europäischen Zentralbank verdanken.
Ein so ruhiges Gipfeltreffen war Kanzlerin Angela Merkel und ihre EU-Amtskollegen seit fast zwei Jahren nicht vergönnt: Keine durchdiskutierte Nacht und kein weiterer Euro-Staat, der zu kippen droht, keine aufgescheuchten Finanzmärkte. Also bemühten sich die Politiker in Brüssel um Normalität, beschworen wieder einmal den „Wendepunkt" in der Staatsschuldenkrise und gaben sich betont zuversichtlich.
Aus dem EU-Parlament und von Wirtschaftsexperten kam am Freitag teils heftige Kritik. „Die Wachstumsstrategien sind nichts als Sprechblasen", hieß es zum Beispiel. Die Staats- und Regierungschef hätten keine wirklichen Antworten auf die Krise gegeben. „Der EU-Gipfel stinkt nach verpassten Gelegenheiten, verfrühtem Feiern und unberechtigtem Schulterklopfen.“
Merkel & Co. wissen genau, dass sie die Krise längst nicht ausgestanden haben. Europa droht ein Wirtschaftsabschwung. Die Arbeitslosigkeit steigt. Mittlerweile suchen mehr als 24 Millionen Erwachsene eine Stelle. Das entspricht einer EU-Arbeitslosenquote von 10,7 Prozent. In Griechenland und Spanien liegen die Arbeitslosenquoten sogar je über 20 Prozent.
Bangen um Schuldenerlass durch private Gläubiger Griechenlands
Die zwei Sorgenländer warten mit weiteren Problemen auf. Bei Griechenland müssen die Europäer bangen, ob Banken und andere private Gläubiger dem Staat wie geplant bis Mitte März 107 Milliarden Schulden streichen. Spanien muss sich ordentlich recken, um seinen verlustträchtigen Haushalt wie versprochen in Ordnung zu bringen.
All diese Schwierigkeiten hinderten Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy nicht, nach Ende des zweitägigen Gipfels zu betonen: „Wir sind nun dabei, einen Schlussstrich unter die Krise zu ziehen.“ Sarkozy, der mitten im französischen Präsidentschafts-Wahlkampf steckt, weiß aber auch: „Nach einer Krise kann eine neue Krise folgen.“ Zuversichtlich präsentierte sich EU-Ratschef Herman van Rompuy: „Ich sage nicht, dass wir keine Probleme mehr haben, aber wir haben einen Wendepunkt in der Krise erreicht.“
Kanzlerin Merkel ließ sich – nüchtern wie immer - vom Überschwang nicht anstecken. „Wir sind nach wie vor in einer fragilen Situation“, sagte die CDU-Politikerin. „Die Lage ist etwas beruhigt, aber die Krise ist nicht überwunden.“ Die Europäer müssten diese Atempause nutzen.
Brasilien befürchtet "Währungskrieg"
Merkel und Sarkozy sehen zwei Stoßrichtungen. Die Europäer müssten alles daran setzen, ihre Staatshaushalte zu sanieren. Dazu unterzeichneten 25 der 27 EU-Staaten einen Vertrag. Diesem „Fiskalpakt“, bei dem Großbritannien und Tschechien nicht mitmachen, müssen die nationalen Parlamente jedoch noch billigen. Merkel lobte trotzdem schon einmal den von ihr vorangetriebenen Fiskalpakt: „Ich glaube, es ist ein starkes Signal, dass wir die Lehren aus der Krise ziehen.“
Nur Sparen reicht aber nicht, dass haben die Politiker in der seit zwei Jahren währenden Schuldenkrise gelernt. Europas maue Wirtschaft müsse wettbewerbsfähiger gemacht werden, um zu wachsen. Nur so könnten Unternehmen Arbeitsplätze schaffen. Neue Konjunkturprogramme, da sind sich Merkel und Sarkozy einig, sind jedoch keine Option.
Immerhin habe die Europäische Zentralbank (EZB) den Politikern wenige Jahre Zeit verschafft, sagte die Kanzlerin. Die EZB flutete seit Dezember die Bankenbranche mit mehr als einer Billion Euro günstiger Langfrist-Kredite. So wollen die Euro-Währungshüter die gebeutelte Branche stützen und Geld-Engpässe in der Wirtschaft verhindern.
In Europa wird diese EZB-Schützenhilfe begrüßt. Dagegen kritisierte die Präsidentin der aufstrebenden südamerikanischen Wirtschaftsnation Brasilien, Dilma Rousseff, die billigen Multi-Milliarden-Kredite. So würden EU-Exporte günstiger – zu Lasten des brasilianischen Markts. Rousseff warf den wohlhabenden Industriestaaten vor, einen „Währungskrieg“ zu führen.