Ruhrgebiet. Wieder gibt es Unruhe an den Gymnasien in NRW. Bei den Lernstandserhebungen im Fach Mathe haben die Achtklässler eine Aufgabe bekommen, die sie kaum bewältigen konnten. Das NRW-Schulministerium will den Kindern die schwere Aufgabe bewusst gegeben haben, um sie herauszufordern. Schulen sind empört.
Die einen sprechen von einem schweren Fehler, die anderen von einer sehr schweren, aber lösbaren Aufgabe. Sicher ist: Bei den Lernstandserhebungen im Fach Mathe an den NRW-Gymnasien am Donnerstag war unter den 18 Aufgaben eine, die kaum ein Schüler bewältigt hat.
Das Schulministerium will von einem Fehler nichts wissen: Es gebe immer auch besonders schwierige Aufgaben, um die besten Schüler herauszufordern. Und die betreffende Aufgabe hätten beim bundesweiten Pilottest nur zwei Prozent der Schüler gelöst, in NRW könnten es nach ersten Rückmeldungen sogar mehr sein, so Schulministeriumssprecherin Nina Heil. Es gibt Aufgaben in den Schwierigkeitsstufen 1 (leicht) bis 5+ (sehr schwer).
"Extrem schwere Aufgabe"
Und die betreffende war „extrem schwer“, räumt Professor Hans Anand Prant vom Institut für Qualitätssicherung in Berlin (IQB) ein. Sein IQB erstellt die Vergleichs-Aufgaben, die seit 2008 in Klasse 8 in Deutsch, Englisch und Mathematik gestellt werden. Seit 2010 gibt es ein bundesweit einheitliches Angebot, das aber theoretisch bei Bedarf dem Landes-Lehrplan angepasst werden kann. NRW hätte die Aufgabe also herausnehmen lassen können, wenn sie nicht dem Lehrplan entspricht. Auch wenn das nicht das Ziel der Arbeit des IQB ist. Dieses ist schließlich gegründet worden, um bundeseinheitliche Lernstandards zu schaffen.
In diesem Fall ging es um einen Würfel, der verkleinert werden sollte. Das Volumen des neuen Würfels sollte um 27 Prozent geringer sein als das des ursprünglichen. Die Frage: Um wie viel Prozent verkleinert sich dabei seine Oberfläche? Angebotene Lösungen waren: um ca. 9 Prozent, 19, 27 oder 47 Prozent. Allerdings ging es nicht nur um ein Kreuz am richtigen Platz (19 Prozent wäre richtig), sondern auch um den Lösungsweg.
Mathelehrer uneins
Ob ein Achtklässler das können sollte und müsste, darüber gehen die Meinungen der Mathelehrer auseinander. Für Barbara Dressler, Mathematiklehrerin am Heisenberg-Gymnasium in Dortmund, steht fest: Es macht keinen Sinn, solch einen Stoff schon in Klasse 8 zu behandeln, weil Kinder den komplexen Lösungsweg dann noch nicht verstehen können. Sie auf eine schlichte Lösung per Taschenrechner zu trimmen, widerspreche aber ihrer Auffassung von Mathematik-Unterricht.
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Tatsächlich kann der Stoff laut Mathe-Curriculum, also dem landesweit vorgegebenen Lehrplan, in Klasse 8 oder 9 behandelt werden. Je nach Lehrbuch und schulinternen Kernlehrplänen darf das unterschiedlich gehandhabt werden. Auch am Gymnasium Petrinum Recklinghausen, am Hagener Hildegardis-Gymnasium und Gymnasium Essen Nordost ist man entsetzt. „Wenn die Aufgabe mit Zahlenbeispiel gewesen wäre, hätte mancher vielleicht eine Chance gehabt. So war es sinnlos“, ist Daniel Scholz sicher.
Am Ricarda-Huch-Gymnasium in Gelsenkirchen steht die 3. Wurzel in solch abstrakter Berechnung erst im zweiten Halbjahr der Klasse 9 auf dem Plan. Schulleiterin Ursula Klee findet die Aufgabe entsprechend unangemessen. Ohnehin sei das Bewertungsschema bei Vergleichsarbeiten viel zu grob. Teillösungen würden überhaupt nicht einbezogen. Immerhin werden die Vera-Arbeiten in Klasse 8 auch nicht benotet und sollen eigentlich auch nicht in die Gesamtnote einfließen. Schließlich geht es mehr darum, der Schule bzw. Klasse die Chance zu geben, den eigenen Standort zu bestimmen, Überarbeitungsbedarf im Lehrplan zu erkennen, statt einzelne Schüler zu bewerten.
Übrigens gab es auch, allerdings weniger, andere Stimmen unter den Experten. „Schwierig, aber für einen guten Schüler der Klasse 8 lösbar“, fand Mathelehrerin und Schulleiterin Anna Bucher von der Goetheschule in Bochum die Aufgabe. Man müsse die abstrakte Aufgabe nur mit Zahlen füllen, dann sei die Lösung, zumal mit dem Taschenrechner, kein Problem. Ulrich Möllenkamp vom Helene-Lange-Gymnasium in Dortmund sieht das genauso. .