Washington. Verteidigungsminister Thomas de Maizière besuchte auf seiner Amerika-Reise auch einige der 80 Standorte, die die Bundeswehr dort hat. Ottawa, El Paso, Washington: Auch hier wird sich die Bundeswehr-Reform auswirken.

Unterwegs bei den Soldaten erkundigt er sich beiläufig: „Wann war der letzte Minister hier?“ Thomas de Maizière (CDU) könnte sich die Antwort selbst geben, er will sie allerdings hören. „2008“, sagen sie in Ottawa, ,„2008“, heißt es genauso im Logistikzentrum der Bundeswehr am Flughafen in Washington. Er lässt die Antwort gern auf seine Zuhörer wirken. Es drängt sich nur eine Deutung auf: Er kümmert sich.

Nun ist es allerdings auch die Pflicht und Schuldigkeit eines Verteidigungsministers, sich mit Vertrauensleuten zu treffen und sich ihre Sorgen anzuhören, gerade jetzt. Immerhin mutet der Mann der Bundeswehr eine gewaltige Reform zu. Für ihn mag 2011 das „Jahr der Entscheidungen“ gewesen sein. Für viele Soldaten kündigen sie sich – mit voller Wucht – erst in diesen Tagen und Wochen an.

Mit Kameradschaft durch die Strukturreform

Neulich in Koblenz sagte ihm eine Sekretärin, sie habe viele Strukturreformen mitgemacht, und noch jede habe man mit Kameradschaft bewältigt. „Da war ich gerührt“, erzählt er, „das hatte mir nicht einmal ein Drei-Sterne-General gesagt.“

De Maizière schenkt der Truppe freilich mehr als sein Ohr. Er bescherte ihr ein Gesetz, das den Personalabbau begleitet und das sich neben den teuren Sozialplänen in der Industrie sehen lassen kann. Mit 52 Jahren sollen Offiziere schon in den Ruhestand gehen können, wie das Kabinett in dieser Woche beschlossen hat. Aber auch die Traditionspflege soll nicht zu kurz kommen. Just in den US kündigte er für dieses Jahr ein Veteranenkonzept an. „Die Zeit ist reif“, glaubt de Maizière. Da hat er einen Stein ins Wasser geworfen – und sieht zu, wieviele Kreise sich bilden.

De Maizière hat seine Aufgabe gefunden

Als Sohn eines früheren Generalinspekteurs wird man in die Bundeswehr hineingeboren und kann die Truppe entweder hassen oder ins Herz schließen, vorgeprägt ist man allemal. Es scheint, dass de Maizière endgültig in der Politik angekommen ist, seine Aufgabe gefunden hat. Das gilt streng genommen nicht nur für ihn, seit sich auch seine Ehefrau Martina politisch einbringt. Sie will sich für eine bessere Betreuung von traumatisierten Soldaten einsetzen.

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Dabei galt ihr Mann in den vergangenen Wochen schon wieder als erste Wahl für einen ganz anderen Job: Die Nachricht vom Rücktritt des Bundespräsidenten erreichte de Maizière unterwegs. Es wäre nicht das erste Mal, dass die Kanzlerin ihn in die Pflicht nehmen würde. Aber gerade darum, so ließ er jüngst in Kiel Journalisten wissen, habe er „einen gut“ bei Angela Merkel. Er will Verteidigungsminister bleiben und die Reform der Streitkräfte zu Ende bringen. Schloss Bellevue ist für ihn weit weg.

Patriot-Ausbildung von El Paso nach Husum?

Die Neustrukturierung der Bundeswehr verfolgt ihn bis nach El Paso in Texas. Er will die deutschen Soldaten von hier abziehen und die Ausbildung am Patriot-Flugabwehrsystem nach Husum verlegen. So ein Truppenbesuch ist für den Minister keine Routine. Er ist selbst noch ein Lernender. Fast genauso ungläubig wie seine Zuhörer berichtet er, dass die Fliegerausbildung 1,4 Millionen Euro pro Pilot kostet und gar zwei Millionen, wenn man richtig rechnet, inklusive Studium und Training mit Waffensystemen.

In New Mexico lässt er sich die Piloten-Ausbildung an Tornado-Maschinen vorführen und nimmt kurzerhand im Cockpit eines der Flugzeuge Platz. Solche Posen kannte man nur von seinem Vorgänger Karl-Theodor zu Guttenberg. Vor den Kameras bewegt sich De Maizière geschmeidiger und gefälliger denn je; ganz so, als wollte er ein Bild widerlegen, das die Öffentlichkeit bislang von ihm hat. „Manche meinen“, sagte er in einem Interview, „ich wirke wie eine Büroklammer.“

Truppe in Afghanistan soll kampffähig bleiben

Zurück vom Soldatenbesuch an der Grenze nach Mexiko stimmt er sich auf dem Flug nach Washington auf die nächste Aufgabe ein: Auf den Rückzug aus Afghanistan. Für den Abzug der Soldaten wie für die Ausbilder, die danach noch Jahre am Hindukusch bleiben sollen, gilt eines: Sie müssen in einem sicheren Umfeld operieren. „Wir bleiben zum Kampf fähig“, versichert er dem US-Verteidigungsminister Leon Panetta. Auch darum würde sich ein Thomas de Maizière kümmern.